Der Buchsbaumzünsler ist nicht nur ein Paradebeispiel eines invasiven Schädlings, sondern auch für die Entwicklung einer gebietsfremden Art. Im Gegensatz zu vielen anderen Schmetterlingen ist er nicht bestandsgefährdet. Vielmehr veranschaulicht er durch sein massenhaftes Vorkommen die Probleme der Lichtverschmutzung.
Zum besseren Verständnis vereinfacht
Der Buchsbaumzünsler ist
- ein Schmetterling und
- gehört zu den Nachtfaltern.
- Er ist ein Neozoon und
- gilt als Schädling.
Meistens wird der Buchsbaumzünsler nur in der Rolle als Schädling beschrieben, aber er ist auch ein Repräsentant für die andere Kategorien.
Der Schmetterling: Bedrohte Gestaltwandler
Die Anzahl der Schmetterlingsarten schwankt je nach Quelle zwischen 120.000 und 250.000. In Deutschland gibt es rund 3.700 Arten, mit einem Gefälle zum Norden hin.
Die Systematik ist sehr komplex. Eine pragmatische Einteilung unterscheidet Kleinschmetterlinge (Microlepidoptera) und Großschmetterlinge (Macrolepidoptera) bzw. Tag- und Nachtfalter.
Der Buchsbaumzünsler ist unter den Kleinschmetterlingen und hier unter den Zünslern einzuordnen. 38 % der einheimischen Zünsler gelten als bestandsgefährdet oder bereits ausgestorben, 7 % stehen auf der Vorwarnliste, weitere 7 % gelten als extrem selten. Lediglich 43 % der Zünsler gelten als ungefährdet. Über die restlichen 5 % kann aufgrund mangelnder Daten keine Aussage getroffen werden. Ähnlich stark gefährdet sind auch andere Schmetterlingsarten.
Der wissenschaftliche Name des Buchsbaumzünslers ist Cydalima perspectalis. Er ist jedoch auch unter anderen Namen bekannt: Glyphodes perspectalis, Diaphania perspectalis, Neoglyphodes perspectalis, Palpita perspectalis, Phakellura perspectalis.
Der Lebenszyklus der Schmetterlinge ist gekennzeichnet durch 4 Stadien: Ei, Raupe, Puppe und Schmetterling (Imago). Schmetterlinge zählen zu den Holometaboliten: es findet ein kompletter Gestaltwandel in der Puppe statt.
Je nach Schmetterlingsart nehmen die Imagines noch Nahrung auf oder nicht. Der Buchsbaumzünsler zählt zu den Arten, die noch Nahrung aufnehmen. In der Regel wird durch den Saugrüssel Blütennektar gesaugt. Aber auch andere Kohlenhydratquellen werden angenommen: So fanden sich in Frankreich nach einem Unwetter zahlreiche Schmetterlinge auf beschädigten Weintrauben ein und labten sich am austretenden Saft. Die feste Haut intakter Weintrauben können die Schmetterlinge allerdings nicht durchdringen.
Der Buchsbaumzünsler-Schmetterling lebt nur rund 8 Tage, innerhalb derer die Paarung stattfindet. Zur Eiablage sucht er Buchsbäume auf und legt an den äußeren Blättern ca. 100 – 150 Eier ab. Aus diesen schlüpfen nach rd. 3 Tagen die Raupen. Den größten Teil seines Lebens stellt das Raupen-Stadium dar.
Raupe und Schmetterling haben häufig unterschiedliche Nahrungs- und Umweltanforderungen. Die Raupen des Buchsbaumzünslers haben sich auf Buchsbäume spezialisiert und sind (wie alle Raupen) reine Fressmaschinen. Da die Haut der Raupen nicht mitwächst, finden 6 – 7 Häutungen statt.
Haben die Raupen eine Länge von ca. 5 cm erreicht, verpuppen sie sich. Dazu bilden sie ein lockeres Gespinst, überwiegend im Inneren der Buchsbäume. Die Häutungen und die Verpuppung werden von 2 Hormonen gesteuert: dem Ecdyson (ein Steroidhormon) und dem Juvenilhormon. Solange das Juvenilhormon eine gewisse Menge nicht unterschreitet, findet lediglich eine Häutung statt. Bei Unterschreiten der kritischen Grenze beginnt die Verpuppung. Innerhalb der Puppe findet die Umwandlung zum Schmetterling statt. Hierbei wird nicht nur die äußere Gestalt verändert, sondern auch das Innere komplett umgekrempelt: Die Körperstrukturen der Raupe werden fast komplett aufgelöst. Statt der Punktaugen der Raupen entwickeln sich die komplexen Facettenaugen der Schmetterlinge, die Haut der Raupen wird durch einen Chitinpanzer ersetzt. In der Puppenruhe wird keine Nahrung aufgenommen. Die Energie für den Umwandlungsprozess stammt aus den Fettreserven, die sich die Raupe angefressen hat.
Im Sommer dauert die Verwandlung rd. 1 Woche. Die Schmetterlinge schlüpfen aus der Puppe, wenn kein Juvenilhormon mehr vorhanden ist. Im Schmetterling bewirkt das wieder ansteigende Juvenilhormon die Entwicklung der Geschlechtsdrüsen (Gonaden). Danach beginnt der Kreislauf von vorne.
Über die Anzahl der Generationen pro Jahr besteht Uneinigkeit. Manche gehen von 2 Generationen aus, manche von 3. Unter anderem scheint die Generationenzahl stark vom Klima abhängig zu sein.
Die jungen Raupen aus dem Spätsommer (ungefähr im 3-ten oder 4-ten Larvenstadium) können im Puppenstadium überwintern. Dazu spinnen sich die ca. 4 mm lange Raupe zwischen den Blättern ein. So entsteht ein Kokon von ca. 8 – 10 mm Länge. Steigen im Frühjahr die Temperaturen, kriechen die Raupen aus dem Kokon, beginnen zu fressen und durchlaufen die weiteren Larvenstadien. Allerdings sind sie empfindlich gegenüber Spätfrösten. Durch diese kann die Population stark dezimiert werden.

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Der Nachtfalter: Einladung zum Buffet
Nachtfalter sind – wie der Name schon sagt – nachts aktiv. Lediglich wenn tagsüber Störungen auftreten, flattern sie auch am Tag umher.
Viele Nachtfalter können im Bereich des Ultraschalls hören und so die Ortungsrufe der Fledermäuse wahrnehmen. Dazu dient das Tympanalorgane (Schallsinnesorgane), welches wie bei allen Schmetterlingen am Ende des Thorax (Körpers) liegt.
Nachtfalter werden von künstlichen Lichtquellen angezogen – mit fatalen Folgen:
- Die Lichtquellen werden bis zur völligen Erschöpfung umkreist,
- Nahrungssuche und Paarungsmuster können dadurch gestört werden.
- Für ihre Feinde, wie z. B. Fledermäuse, ergibt sich durch die Anhäufung der Falter um die Lichtquellen ein gedeckter Tisch.
Man schätzt, dass im Sommer je Straßenlampe 150 Falter angezogen werden. Übers Jahr verenden in Deutschland somit rund 150 Milliarden Nachtfalter an Straßenlampen.
Viele Insekten werden eher von blau-weißem Licht (z. B. LED) angezogen, weniger von gelblichem Licht. Grundsätzlich sollte unnötiges Licht vermieden werden. Erforderliches Licht sollte durch Lampenschirme so gelenkt werden, dass es nur dort auftrifft, wo es erforderlich ist.
Der Neozoon: Risiko und Chance für Einwanderer
Neozoa sind gebietsfremde Tiere, die sich nach 1492 angesiedelt haben (mit Neophyta bzw. Neobiota werden gebietsfremde Pflanzen bzw. Lebewesen bezeichnet). Arten, die sich vor 1492 angesiedelt haben, werden als Archäozoen (Archäophyten, Archäobiota) bezeichnet.
Die Neuankömmlinge können entweder durch den Menschen bewusst angesiedelt oder im Zuge menschlicher Aktivitäten eingeschleppt worden sein. Hierunter fallen z. B. Arten, die mit Schiffen oder Waren in die neue Heimat gelangen. Neue Arten können aber auch durch natürliche Prozesse, z. B. Wanderungsbewegungen, neue Gebiete erreichen. Durch den Klimawandel werden diese Wanderungsbewegungen unterstützt.
Wie sich ein „Neuankömmling“ in der neuen Umgebung entwickelt, ist in der Regel nicht vorhersehbar. Oft gelingt es den Arten nicht, sich im ungewohnten Ökosystem festzusetzen: Klima und andere Umgebungsbedingungen verhindern eine Vermehrung; die Einwanderer werden gefressen, bevor sie sich vermehren können; die „richtige“ Nahrung steht nicht zur Verfügung; es fehlen geeignete Möglichkeiten der Eiablage oder Brutplätze; o. ä.
Manchen Arten gelingt jedoch der große Sprung in eine neue Umgebung. Das kann z. B. passieren, wenn keine oder nur wenige Feinde im neuen Umfeld existieren. Dann treten die neuen Arten in Konkurrenz zu den im Gebiet natürlich vorkommenden Arten. Die Konkurrenz muss sich nicht nur auf Nahrung beziehen, sondern kann auch andere wichtige Ressourcen, wie z. B. Brutplätze, betreffen. Manchmal treffen neue Arten aber auch auf eine freie “Planstelle“, weil die eigentlich dafür „zuständige“ Art sehr selten oder ausgestorben ist. Auch bei dieser „Planstelle“ muss es sich nicht unbedingt um Nahrung handeln.
Als invasiv werden jene Neobiota bezeichnet, die sich schnell fortpflanzen und eine große Verbreitung erlangen. Dann können sie die natürlich vorkommenden Konkurrenten verdrängen oder, etwa durch Fraß, andere Arten vernichten. Manche Arten sind im neuen Gebiet lange nur endemisch (also mit kleiner räumlicher Ausdehnung) vorhanden, bevor sie zu invasiven Arten werden.
Genaue Zahlen darüber, wie viele Arten in neue Gebiete gelangen, sich dort verbreiten oder gar invasiv werden, gibt es nicht. Eine grobe Abschätzung ermöglicht die „Zehner Regel“:
- 10 % der Neuankömmlinge halten sich nur unbeständig,
- davon etablieren sich 10 % dauerhaft und gelten als eingebürgerte Arten,
- von diesen können wiederum 10 % unerwünschte Auswirkungen oder invasiven Charakter haben.

Die Heimat des Buchsbaumzünslers ist Ostasien. Vermutlich wurde er mit Warensendungen von dort eingeschleppt. Die erste Sichtung wurde 2007 in der Nähe von Basel / Lörrach gemeldet. Von dort verbreitete er sich über Europa. 2009 war er auf der Ile-de France zu finden, 2010 in Brandburg, 2013 in Hessen. In Europa traf der Buchsbaumzünsler auf optimale Bedingungen: viel Futter, wenig Feinde, freie „Planstelle“. Beste Voraussetzungen für eine massenhafte Vermehrung.
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Die Raupen des Buchsbaumzünslers nehmen mit dem Fraß an Buchsbäumen die in den Blättern enthaltenen Pflanzengift (Alkaloide) auf und lagern sie zum Teil ins Körpergewebe ein. Dadurch werden sie für die heimischen Vögel geschmacklich unattraktiv oder sogar giftig. Allerdings wurde beobachtet, dass die Raupen von Meisen und Spatzen nach einem Kahlfraß gefressen wurden. Vermutlich war bei den seit Tagen hungernden Raupen der giftige Inhalt aus dem Darm bereits entleert.
Im Lebenszyklus des Buchsbaumzünslers gibt es verschiedene Phasen, in denen sie weniger giftig sind, z. B. unmittelbar nach einer Häutung oder als Schmetterling. Die heimischen Vögel könnten lernen, dass diese Stadien gefahrlos gefressen werden können und so zur Reduzierung des Buchsbaumzünslers beitragen. Diese Anpassung erfordert jedoch Zeit.
Raubinsekten sind neben den Vögeln weitere potenzielle Feinde. In Frankreich wurde die Raupenfliege (Compsilura concinnata) als Hauptparasit der Raupen identifiziert. Weniger von Bedeutung waren Raubwanzen, Heuschrecken (Ephippiger diurnus, Westliche Sattelschrecke) und Käfer (Calosoma sycophanta, Großer Puppenräuber). Eine natürliche Regulation der Buchsbaumzünsler konnte durch diese Insekten jedoch nicht festgestellt werden.
In Deutschland wurden bisher keine Parasiten auf den Buchsbaumzünslern registriert.
Der Schädling: Weitreichende Folgen
Unter Schädlingen werden Lebewesen verstanden, die – bezogen auf den Menschen – negative Auswirkungen haben. Häufig versteht man hierunter wirtschaftliche Schäden, wie bei Agrarschädlingen oder Lebensmittelschädlingen.
Die Raupen des Buchsbaumzünsler ernährt sich von den Blättern sowie im Notfall (sprich: nach kahlfraß) von der Rinde und den Knospen von Buchsbäumen. Typisch ist der Lochfrass an Blättern. Dieser entsteht, wenn die Raupen sich durch die weiche Unterseite der Blätter fressen.
Treten die Raupen in großen Mengen auf, können sie ganze Buchsbäume kahlfressen. Ausgedehnte Parkanlagen mit zahlreichen Buchsbäumen begünstigen die massenhafte Vermehrung.
Weniger auffällig sind die Schäden an natürlich vorkommenden Buchsbäumen.
In Deutschland finden sich natürliche Vorkommen vereinzelt am Südrand des Schwarzwaldes und im Moseltal. Ausgewilderte Buchsbaumbestände existieren in den Trocken- und Wärmegebieten der Mittelgebirge. In der Schweiz und in Frankreich wachsen Buchsbaumwälder im Jura und in den submediterranen Gebieten, hier meist in Buchsbaum-Eichenwäldern an sonnigen trockenen Felshängen oder als Unterwuchs.
In manchen mittelfranzösischen Regionen (z. B. Nordalpen und Burgund-France-Comté) sind besonders die natürlichen Bestände der Buchsbäume im Unterholz von Raupen befallen. Manchen Pflanzen gelingt es ein oder zwei Jahre nach einer Entlaubung wieder auszutreiben, insbesondere größere Buchsbäume haben eine höhere Widerstandskraft. Bei dauerhaftem massenweisem Auftreten des Buchsbaumzünslers können sich die Pflanzen jedoch nicht mehr erholen und sterben ab. Die Folgen sind Erosionen und ein erhöhtes Steinschlag-Risiko.
Die Buchsbaumzünsler-Raupen können somit ganze Ökosysteme zerstören und Landschaftsbilder massiv verändern.
Literatur (Auszug)
Departement de la santé des forêts: La pyrale du buis en forêt – Un ravageur exotique très impactant. Juni 2020: Untersuchungen in natürlichen Buchsbaumwäldern
Hortipendium: Buchsbaumzünsler – mit Verbreitungskarten, Tabelle mit ersten Sichtungen, Bilder verschiedener Entwicklungsstadien
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