Biodiversitätsverlust: Das 6. Massensterben

Die Biodiversität nimmt dramatisch ab, auch in Deutschland. Der massive Artenschwund wird bereits als das 6. Massensterben bezeichnet. Verminderte Biodiversität führt zu weniger Anpassungsmöglichkeiten, etwa an den Klimawandel. Die Erhaltung der Vielfalt ist daher ein drängendes Problem.

Zugunsten der Verständlichkeit stark vereinfacht

Rückgang der Vielfalt

Insgesamt hat die Biodiversität aufgrund menschlicher Aktivitäten weltweit stark abgenommen. Das betrifft alle 3 Ebenen der Biodiversität, also die Vielfalt von Biotopen, Arten und genetischer Ausstattung (s. auch Biodiversität: Gefährliches Spiel mit komplexen Systemen).

Lebensräume

Die „Zerstörung des Regenwaldes“ ist fast jedem ein Begriff. Für den Regenwald im Amazonasgebiet wird befürchtet, dass er innerhalb der nächsten 2 Jahre so stark geschädigt ist, dass er nicht mehr in der Lage ist, den zu seiner Erhaltung erforderlichen Regen zu produzieren. Dennoch hat der brasilianische Präsident Bolsonaro große Flächen zum Anbau von Energiepflanzen freigegeben [13, 19].
Die tropischen Wälder sind für das Ökosystem Erde von zentraler Bedeutung. Sie beherbergen einen Großteil der tierischen und pflanzlichen Arten und haben für das Weltklima eine zentrale Bedeutung.

Bewirtschaftete Wiesen, auf einem Heuballen sitzt ein Greifvogel. In Deutschland ist die Landschaft weitgehend durch den Einfluss des Menschen geprägt. Wildtiere müssen sich an diese Veränderungen anpassen oder sterben aus.
In Deutschland ist die Landschaft weitgehend durch den Einfluss des Menschen geprägt. Wildtiere müssen sich an diese Veränderungen anpassen oder sterben aus.

Der Verlust der Biodiversität ist jedoch kein Problem, dass nur „weit weg“ stattfindet. Auch in Deutschland findet ein Biodiversitätsverlust statt. Deutschland ist eine Kulturlandschaft und hat bereits viele natürliche Biotope verloren. Viele der (noch vorhandenen natürlichen) Biotope sind bedroht.

Bedrohung der Lebensräume in Deutschland

Im Jahr 2017 führte das BfN eine Biotop-Bewertung in Deutschland durch. Insgesamt sind 863 Biotop-Typen klassifiziert. 60 Biotop-Typen konnten aufgrund unzureichender Daten oder weil eine Einstufung nicht sinnvoll ist, nicht kategorisiert werden. Von den 803 bewerteten Biotoptypen sind lediglich 27 % als ungefährdet eingestuft. Das heißt, rund ¾ der Biotoptypen stehen auf der Vorwarnliste, sind mehr oder weniger stark gefährdet oder bereits zerstört (2 %).

Grafik: Darstellung der Biotopgefährdung: Der größte Teil der deutschen Biotope ist gefährdet (Datenquelle: BfN, bereinigt um nicht bewertete Biotope)
Der größte Teil der deutschen Biotope ist gefährdet (Datenquelle: BfN, bereinigt um nicht bewertete Biotope [5])

Besonders betroffen sind Grünlandbiotope. Hierzu heißt es in der Pressemitteilung des BfN zur Veröffentlichung der Roten Liste gefährdeter Biotoptypen (2017 [6]):

Mehr als ein Viertel dieser trockenen Grünlandbiotoptypen (27 %; 14 von 52) mussten der höchsten Rote Liste Kategorie zugeordnet werden und sind damit „akut von vollständiger Vernichtung bedroht“. Dies liegt maßgeblich an einer Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung bei gleichzeitiger Nutzungsaufgabe in wirtschaftlich weniger interessanten Gebieten.

Durch den Klimawandel verschwinden die Alpengletscher in einem rasanten Tempo. In rund 10 Jahren haben die bayerischen Gletscher rund 1/3 ihrer Fläche und 2/3 ihres Volumens verloren. Die Eisdicke am Höllentalferner nimmt jährlich um 2 m ab. Die bisherigen Schätzungen der Restlebenszeit der Gletscher mussten nach unten korrigiert werden: Man geht davon aus, dass der letzte bayerische Gletscher bereits Anfang der 2030er Jahre verschwunden sein könnte. [3]

Gletscher sind ein wesentlicher Bestandteil des alpinen Ökosystems. Unter anderem dienen sie als Wasserspeicher für die angrenzenden Biotope und sind wichtige Faktoren im Klimasystem. Ein Verschwinden der Gletscher verändert somit das gesamte Hochgebirgs-Ökosystem sowie weitere Ökosysteme. Als Folge des Gletscherschwundes treten u. a. vermehrt Hangrutsche und Felsstürze auf. Bäche, die von Gletschern gespeist wurden, trocknen aus und destabilisieren so den Wasserhaushalt der Alpen. Die Auswirkungen der Gletscherverluste sind daher vielfältig. [14]

Von den Auen sind lediglich 9 % weitgehend ökologisch funktionsfähig. Die restlichen Auen sind als deutlich verändert (33 %), stark verändert (32 %) oder sehr stark verändert (26 %) eingestuft. Wesentliche Veränderungen resultieren aus Acker-, Siedlungs-, Gewerbe- und Verkehrsflächen. [4]

Auen sind Überschwemmungsflächen an Gewässern. Sie nehmen Wasser nach der Schneeschmelze oder nach Starkregen auf und geben es langsam in die Umgebung oder ins Grundwasser ab. Aufgrund des stark schwankenden Wasserhaushaltes sind sie einzigartige Biotope. Mit dem Verlust von Auen steigt die Hochwassergefahr, die Grundwasserbildung wird reduziert.

Der ursprünglich in weiten Teilen Deutschlands beheimatete Buchen-Mischwald wurde in großen Flächen durch Wirtschaftswald mit schnell wachsenden Nadelhölzern ersetzt. Schon seit langem wird vor dem „Waldsterben“ gewarnt. Die Wälder werden durch Luftverschmutzung, Bodenversauerung, Trockenheit und Schädlingsbefall belastet. Aufgrund der vergangenen regenarmen Jahre (2019/2020) und die Ausbreitung des Borkenkäfers in den Nadelholz-Monokulturen wurde eine großflächige Abholzung erforderlich. Aus finanziellen Gründen sind Waldbesitzer häufig nicht in der Lage, die Flächen mit naturnahem Wald aufzuforsten.

Abgeholzte Waldfläche: Forstwirtschaftlichen Monokulturen mit gebietsfremden Nadelhölzern sind anfällig gegenüber Schädlingen. Zurzeit müssen viele Wälder großflächig abgeholzt werden.
Forstwirtschaftlichen Monokulturen mit gebietsfremden Nadelhölzern sind anfällig gegenüber Schädlingen. Zurzeit müssen viele Wälder großflächig abgeholzt werden. (RLP, April 2021)

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Arten

Ebenso wie beim Biotop-Verlust findet sich eine Tendenz, den Artenschwund an einigen wenigen „Show-Arten“ und / oder in entfernten Regionen festzumachen.

Begriffe wie Insektensterben, Bienensterben, Korallensterben, Amphibiensterben, Waldsterben, Überfischung werden aufgrund der verschiedenen Ursachen meist separat behandelt. Die Folgen – der Biodiversitätsverlust – sind jedoch identisch und verstärken die Einzel-Probleme. So wirkt sich das Insektensterben unmittelbar auf das Amphibien- und Vogelsterben aus.

Natürliches Artensterben

Seit Beginn des Lebens entstehen Arten und sterben aus. Die mittlere Lebensdauer einer Art beträgt ca. 10 Millionen Jahre. Im Normalfall stirbt pro Jahr ungefähr 1 von 1 Million Arten aus.

Von diesem normalen Artensterben sind die Massenaussterben zu unterscheiden, von denen es bisher 5 gab. Die Massenaussterben fanden, auf geologische Maßstäbe bezogen, innerhalb relativ kurzer Zeitspannen statt und führten zum Aussterben von jeweils rund 50 – 80 % aller Arten. Bis sich die Natur von diesen Massenaussterben erholt, also auf ein mehr oder weniger stabiles Gleichgewicht zurückfindet, können mehrere Millionen Jahre vergehen.

Durch Menschen verursachtes Artensterben

Der durch menschliche Aktivitäten verursacht Artenrückgang ist so groß, dass man von einem sechsten Massenaussterben spricht und vorgeschlagen hat, das derzeitige Erdzeitalter als „Anthropozän“ zu bezeichnen.

Das Artensterben findet seit rund 8.000 Jahren statt und hat sich in den letzten 100 Jahren drastisch beschleunigt. Vermutlich sterben derzeit jedes Jahr 2.000 – 10.000 (vielleicht auch bis zu 100.000) Arten aus.

Nach Angaben der IUCN sind weltweit 35.000 bekannte und bewertete Arten vom Aussterben bedroht. Dazu gehören und 40 % der Amphibienarten, 26 % aller Säugetierarten und 14 % der Vogelarten. [7]

Seit 1500 (also seit der Eroberung Amerikas) sind bereits 600 Wirbeltiere, davon 300 Säugetierarten ausgestorben. Ein Großteil der Wirbeltierarten (500) starb erst nach 1900 aus. Seit 1970 hat die Anzahl der Wirbeltiere (Individuen) um 60 % abgenommen. Die Biomasse der Säugetiere hat in den letzten 50 Jahren um 82 % abgenommen. [15]

Seit 1870 ist die Hälfte der lebenden Korallen verschwunden. [7].

33 % der Fischbestände gelten als überfischt. Möglicherweise ist daher bereits ab 2050 kein kommerzieller Fischfang mehr möglich [7].

Gefangene Hammerhai am Strand: Hammerhaie werden wegen ihrer als Delikatesse geschätzten Flossen stark bejagt. Einige Arten sind inzwischen gemäß IUCN als „gefährdet“ bis „stark gefährdet“ einzustufen.
Hammerhaie werden wegen ihrer als Delikatesse geschätzten Flossen stark bejagt. Einige Arten sind inzwischen gemäß IUCN als „gefährdet“ bis „stark gefährdet“ einzustufen. (Quelle: pixabay)

Das Ausmaß des Artensterbens übertrifft das „normale“ Artensterben also bei weitem.

Das BMUV schreibt in den FAQ „Biologische Vielfalt“ [7]:

Geht das Artensterben immer so weiter?

Der Weltbiodiversitätsrat (IPBES) warnt davor, dass weltweit eine Million Arten* vom Aussterben bedroht sind, viele davon bereits in den nächsten Jahrzehnten. Das Artensterben ist mindestens Dutzende bis Hunderte Mal größer als im Durchschnitt der letzten zehn Millionen Jahre. Die Weltnaturschutzunion IUCN hat eine Rote Liste der bedrohten Arten erstellt. Demnach sind über 35.500 Arten weltweit vom Aussterben bedroht. Darunter 26 Prozent aller Säugetiere, 14 Prozent der Vögel und 40 Prozent der Amphibien.

* Hinweis: die „1 Million Arten“ sind eine Hochrechnung, die auch nicht bekannte Arten beinhaltet

Artensterben in Deutschland

Artensterben findet überall auf der Welt statt.

Von den in Deutschland vorkommenden 117 Säugetierarten wurden 97 Arten in der Roten Liste bewertet. Bei den nicht bewerteten handelt es sich z. B. um sporadisch vorkommende Arten oder Neuzugänge. Für mehr als die Hälfte der bewerteten Säugetierarten zeigt sich in den letzten 150 Jahren ein negativer Bestandstrend. Circa 41 % gelten als bestandsgefährdet oder bereits ausgestorben (10 Arten, wie z. B. das Europäische Ziesel). [22]

Balkengrafik über die Bestandsbedrohung der Wirbeltiere: Überblick über die Bestandsaufnahme der Wirbeltiere Deutschlands gemäß den Angaben des Rote Liste Zentrums (Datenquelle: [21]. Abweichungen zu 100 % ergeben sich durch nicht bewertete Arten sowie teilweise durch ausgestorbene Arten.)
Überblick über die Bestandsaufnahme der Wirbeltiere Deutschlands gemäß den Angaben des Rote Liste Zentrums (Datenquelle: [21]. Abweichungen zu 100 % ergeben sich durch nicht bewertete Arten sowie teilweise durch ausgestorbene Arten.)

Lediglich 44 % der Farn- und Blütenpflanzen gelten als ungefährdet. Von den bewerteten Pflanzen sind 2 % (65 Arten) bereits ausgestorben, 27,5 % (mehr als 1.000 Arten) bestandsgefährdet und 7 % stehen auf der Vorwarnliste. [20]

Bei den übrigen Tier- und Pflanzengattungen sieht es nicht besser, sondern zum Teil schlimmer aus (Beispiel Ameisen, Blattfußkrebse, Ameisen (siehe auch Ameisen: Gefährdete Helfer).

Genetische Vielfalt

Die Umweltveränderungen durch den Menschen führen zur Abnahme der Individuen innerhalb der Arten.

Bei den Haus- und Nutztierarten sowie den Kulturpflanzen hat der Mensch selbst für die genetische Armut gesorgt:

  • Circa 2/3 der auf der Erde existierenden Pflanzenarten sind essbar. Von diesen 200.000 Arten werden lediglich 7.000 genutzt, davon 150 in größerem Umfang. Aus nur 9 produzierten Nahrungspflanzen werden 66 % der pflanzlichen Nahrung produziert.
  • Zwischen 1900 und 2000, also innerhalb eines Jahrhunderts, nahm die Nahrungsvielfalt um 75 % ab.

Ähnlich sieht es bei Nutzvieh aus, Beispiel Schweinerassen:

In Deutschland gab es früher zahlreiche an die jeweiligen regionalen Bedürfnisse angepasste Schweinerassen. Diese sind jedoch für die „industrielle Produktion“ wenig geeignet. Zudem entspricht das Fleisch nicht den Konsumenten-Wünschen: Das Fleisch ist meist sehr fetthaltig und von dicken Speckschwarten umgeben.
Viele dieser Rassen sind daher bereits ausgestorben, vom Aussterben bedroht oder extrem gefährdet.

Quelle: Armes Schwein – Das Leben der Schweine – Seite 1: Alte Schweinerassen

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Hauptursachen des Biodiversitätsverlustes

Die wesentlichen Ursachen des Biodiversitäts-Verlustes können in 5 Gruppen eingeteilt werden, die oft zusammenwirken.

Veränderung von Lebensräumen / Landnutzungswandel

Durch direkte Eingriffe in Lebensräume werden diese geschädigt oder zerstört. Lebewesen werden aus ihren Habitaten vertrieben. Barrieren zerschneiden Populationen. Die Landschafts-Veränderungen haben teilweise mehr oder weniger starke Auswirkungen auf die angrenzenden Lebensräume (zum Beispiel: Gletscherschwund).

Zu Lebensraumveränderungen führen z. B.

  • Flächenverbrauch durch Siedlung, Verkehr, Tagebau etc.,
  • Bodenversiegelung durch Überbauung,
  • Landschaftszerschneidung: sie verhinderten einen ungestörten Austausch zwischen einzelnen Populationen und wirkt sich somit u. a. auf die genetische Vielfalt der Populationen aus. Hierzu zählen auch Barrieren wie Zäune, Mauern, Entwässerungsgräben u. ä.,
  • Flussbegradigungen, Einbau von Wehren in Flüsse, Landwirtschaft u. a..

Zwischen 2016 und 2019 wuchs die Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland täglich um 52 Hektar pro Tag [10] – das entspricht einem täglichen Landverbrauch von ca. 73 Fußballfeldern oder in 4 Jahren der Fläche von Hamburg.

Mit veränderten Lebensräume gehen oft auch weitere Faktoren einher. So sind an Autobahnen aufgrund der Streusalzlast Pflanzen zu finden, die normalerweise nur in Küstennähe auftreten [11].

Überblick über eine Stadt und Autobahntrasse: Landverbrauch und Landschaftszerschneidung durch Siedlung und Verkehr gefährden die Biodiversität (Frankreich, 2017)
Landverbrauch und Landschaftszerschneidung durch Siedlung und Verkehr gefährden die Biodiversität (Frankreich, 2017)

Übernutzung natürlicher Ressourcen

Hierzu zählen z. B.

  • Überjagung, Überfischung
  • zu starker Einschlag in Tropenholzbeständen,
  • Bodenübernutzung, etwa durch exzessive Landwirtschaft,
  • Übernutzung von Grundwasserreserven und Wasser aus Fließgewässern,
  • Rohstoffausbeutung.

Man geht davon aus, dass die Menschheit bereits in ihrer Frühzeit maßgeblich zum Artensterben beigetragen hat. Die Megafauna (Großsäuger, wie das Mammut) verschwanden in den jeweiligen Gebieten kurz nach Besiedlung durch den Menschen.

Der Vernichtungsfeldzug führt über viele Arten bis in die Gegenwart: Beutelwolf, Wandertaube, Riesenalk, Dodo sind nur einige Beispiele der zahlreichen Arten, die durch den Menschen ausgerottet wurden.

Die Überjagung wurde der Stellers Seekuh doppelt zum Verhängnis:

Zum einen wurden die Seekühe selbst stark bejagt, da sie eine einfache Beute darstellten. Zum anderen wirkte sich die starke Bejagung der Seeotter auf die Nahrung der Seekühe aus. Seeotter fressen Seeigel und halten deren Population in Grenzen. Durch den Rückgang der Seeotter konnten die Seeigel sich stark vermehren. Die Seeigel fraßen den Seetang, der den Seekühen als Nahrungsquelle diente. Seit 1768 ist die Stellers Seekuh ausgestorben. [2, 8]

Das Aussterben einer Art kann unmittelbar zum Aussterben anderer Arten führen.

Pflanzen, die auf einen einzigen Bestäuber angewiesen sind, sterben zusammen mit diesem aus. So fand zwischen einigen Pflanzen und Kolibris eine Ko-Evolution statt, in der sich Blütenform und Schnabelform aneinander anpassten. Die Passionsblume Passiflora tarminiana wird nur durch den Schwertschnabelkolibri bestäubt und ist in ihrem Bestand von diesem abhängig. [23]

Tiere, die sich nur von einer Pflanze (einer Tierart) ernähren (Nahrungsspezialisten), sterben mit Verschwinden der Pflanze (Tierart) aus. Der Koala frisst z. B. ausschließlich Eukalyptus, der Große Panda ausschließlich Bambus.

Zusammen mit der Karibischen Mönchsrobbe (1952) starb die Nasenmilbe aus (ein spezifischer Parasit), zusammen mit der Wandertaube (1914) die Wandertaubenmilbe. [1]

Eintrag von Nähr- und Schadstoffen

Nähr- und Schadstoffe resultieren aus Landwirtschaft, Industrie und Verkehr sowie aus Unfällen – aber auch aus „gewöhnlichen“ Lebensaktivitäten.

Beispiele hierfür sind:

  • Dünge- und Pflanzenschutzmittel aus der Landwirtschaft,
  • Schadstoffausstoß durch Industrie und Verkehr,
  • Schadstoffe aus Müll, Müllverklappung,
  • Antibiotika-Belastungen aus Tierzuchtbetrieben,
  • Plastik und Mikroplastik, besonders betroffen: die Meere,
  • Unfälle in Industrie und (Schiffs-)Verkehr mit Schadstoff-Freisetzung,
  • Radioaktivität aufgrund von Reaktorunfällen, Verklappung von radioaktivem Müll, Atomtests.

Im weitesten Sinne kann man auch Lärm und Lichtverschmutzung zu den „Schadstoffen“ zählen.

Strand mit angeschwemmtem Müll: Angeschwemmter Müll an einem Meeresstrand ist nicht nur ein ästhetisches und hygienisches Problem.
Angeschwemmter Müll an einem Meeresstrand sind nicht nur ein ästhetische und hygienische Probleme. (Quelle: pixabay)

Als Hauptgrund für den Rückgang der Blütenpflanzen gibt das Rote Liste Zentrum vor allem die intensive Landwirtschaft mit der hohen Düngegaben an [20]:

Durch sie [die Düngegaben] werden schnellwüchsige Arten, welche die Nährstoffe rasch aufnehmen können, stark gefördert. Solche Pflanzen überwachsen oftmals die kleineren, konkurrenzschwachen Arten. Dieser Verdrängungsprozess ist in fast allen Lebensräumen zu beobachten, denn Dünger und Nährstoffe werden aus landwirtschaftlich genutzten Flächen auch in die Umgebung verdriftet oder mit Luftströmungen über weite Entfernungen verteilt.

Eine besondere Gefahr von Plastik im Meer, sind Geisternetze. Hierbei handelt es sich um verlorene, aufgegebene oder bewusst entsorgte Netze, die in den letzten Jahren in der Regel aus Plastik bestehen. Bis die Netze verrotten, können 400 – 600 Jahre vergehen. In dieser Zeit setzen sie Mikroplastik frei, das zum Teil von Fischen irrtümlich statt Mikroplankton aufgenommen wird. Eine weitere große Gefahr von Geisternetzen besteht darin, dass sich Meerestiere in den Netzen verheddern. Gefährdet sind mindestens 344 Arten, davon die Hälfte Säuger, Schildkröten und Seevögel. [25]

Seevogel an Land umgeben von Geisternetzen: Geisternetze sind nicht nur eine Gefahr für Meerestiere, sondern gefährden auch Seevögel in deren Brutgebieten.
Geisternetze sind nicht nur eine Gefahr für Meerestiere, sondern gefährden auch Seevögel in deren Brutgebieten. (Quelle: pixabay)

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Invasive Arten

Durch die globalen menschlichen Aktivitäten gelangen Arten in neue Lebensräume. Der größte Teil der Neuansiedler kann sich nicht ansiedeln oder gliedert sich unauffällig in das bestehende Ökosystem ein. Ein Teil der Neuansiedler pflanzt sich jedoch schnell fort, erlangt eine große Verbreitung und bedroht oder verdrängt heimische Arten (s. auch Der Buchsbaumzünsler sowie Die spanische Wegschnecke). Dadurch wiederum können sich komplette Biotope und Ökosysteme verändern.

Nach Angaben des NABU [16] sind in Deutschland mindestens 168 Tier- und Pflanzenarten angesiedelt, „die nachweislich negative Auswirkungen haben – oder haben könnten“.

Ungewollte / ungezielte Verbreitungen

Marine Arten werden häufig mit dem Ballastwasser von Schiffen verschleppt, andere Arten gelangen mit dem Warenverkehr in neue Siedlungsgebiete.

Mit dem Menschen eingewanderte Arten, wie Ratten und Katzen, stellen in vielen Gebieten ein massives Problem für die heimische Fauna dar. Die Dezimierung der neuseeländischen Fauna, insbesondere der flugunfähigen Vögel, ist zum großen Teil auf Ratten und Katzen zurückzuführen. Mit hohem Kosteneinsatz werden einzelne Inseln von Ratten (und Katzen) befreit, um dort die flugunfähige Vögel neu anzusiedeln und zu schützen.

Gezielte Ansiedlung

Neben der zufälligen Verbreitung werden manche Arten auch gezielt angesiedelt. Die neuseeländische Flora wurde großflächig umstrukturiert, weil die europäischen Einwanderer ein „heimatnahes“ Ambiente wünschten.

Teilweise werden räuberische Arten ausgesetzt, um gegen Schädlinge vorzugehen. Nicht selten breiten sich diese Arten invasiv aus und bedrohen oder vernichten auch andere, als die gewünschten Arten.

Die Aga-Kröte wurde in den 1930-er Jahren zur Schädlingsbekämpfung in Australien eingeführt. Seitdem verbreitet sie sich invasiv und stellt eine Bedrohung für Bienenstöcke, heimische Schlangen und viele andere Arten dar. Der Nilbarsch wurde 1954 im Viktoriasee ausgesetzt und trug zum Aussterben von mehr als 200 endemischen Fischarten bei. [12, 24]

Der Asiatische Harlekin-Marienkäfer wurde in den 80-er Jahren zur Blattlausbekämpfung eingeführt. Seitdem breitet er sich massiv aus. Ob er die heimischen Marienkäferarten verdrängt, bleibt abzuwarten. [17]

Harlekin-Marienkäfer auf Distel: Der Harlekin-Marienkäfer macht den ansässigen Marienkäfern Konkurrenz.
Der Harlekin-Marienkäfer macht den ansässigen Marienkäfern Konkurrenz. (Quelle: pixabay)

Solche Misserfolge zeigen, wie wenig der Mensch die Wechselwirkungen innerhalb der komplexen natürlichen Systeme und die möglichen Folgen seiner Eingriffe überblicken kann.

Ausbreitung durch den Klimawandel

Durch die steigenden Temperaturen in Folge des Klimawandels können sich viele Arten in Richtung der Pole ausbreiten. Wie stark sie die jeweils ansässige Flora und Fauna bedrohen, ist nicht abzuschätzen.

Klimawandel

Der Klimawandel potenziert den Biodiversitätsverlust

Durch den Klimawandel werden natürliche Lebenszyklen der Lebewesen verändert. Insekten können sich aufgrund der jahreszeitlich höheren Temperaturen früher vermehren. Die erst später eintreffenden und brütenden Zugvögel finden dann nicht mehr ausreichend Nahrung für ihre Brut. Aufgrund der höheren Wassertemperaturen schlüpft der Ostseehering früher. Zu diesem Zeitpunkt steht für die jungen Heringe noch nicht ausreichend Zooplankton zur Verfügung, sodass die Brut teilweise verhungert.

Der Klimawandel führt zum Verlust von Lebensräumen, z. B. durch Anstieg des Meeresspiegels und zu Veränderungen von Lebensräumen (andere Biotope mit anderen Arten).

Durch den Klimawandel können Umweltbedingungen entstehen, die die Ansiedlung invasiver Arten fördern.

Der Biodiversitätsverlust potenziert die Auswirkungen des Klimawandels

Durch Rückgang der Biodiversität können sich Biotope und Arten nur noch schlecht an den Klimawandel anpassen.

Die ohnehin gefährdeten Biotope werden zusätzlich belastet. Die genetische Vielfalt bietet kaum noch Kapazitäten zur Anpassung.

Biodiversitätsverlust durch Klimaschutz-Maßnahmen

Maßnahmen gegen den Klimawandel sind nicht per se umweltverträglich, sondern können zum Rückgang der Biodiversität führen. Durch Stauseen und Photovoltaik-Anlagen werden Biotope zerschnitten und zerstört, Stauseen verändern zudem weiträumig den Wasser- und Nährstoffkreislauf. Monokulturen von Energiepflanzen haben eine sehr geringe Biodiversität. Off-Shore-Windparks können auf vielfältige Weise das Ökosystem Meer stören. So können durch die Schallausbreitung unter Wasser Schweinswale und Fische aus ihren angestammten Lebensräumen vertrieben werden [18].

Klimaschutz-Maßnahmen sind daher sorgfältig abzuwägen und zu planen. Nur eine umweltverträgliche Umsetzung ist langfristig sinnvoll.

Große Photovoltaik-Anlage: Großflächige Photovoltaik-Anlagen können zum Biodiversitäts-Verlust führen. Beim Bau solcher Anlagen müssen Maßnahmen integriert werden, die die Biodiversität erhalten und fördern.
Großflächige Photovoltaik-Anlagen können zum Biodiversitäts-Verlust führen. Beim Bau solcher Anlagen müssen Maßnahmen integriert werden, die die Biodiversität erhalten und fördern. (Quelle: pixabay)

Indirekten Treiber

Die direkten Faktoren werden durch „indirekte“ Treiber gefördert.

Das starke Bevölkerungswachstum macht einen größeren Landverbrauch für Siedlungen, Verkehr, Industrie und Landwirtschaft erforderlich; Meere werden stärker überfischt; die Schadstoffbelastung durch Müll, Verkehr und Industrie steigt; durch zunehmenden Tourismus werden intakte Biotope gefährdet.

Die ökonomische Entwicklung – Steigerung der Produktivität – bedingt weitere Landschaftszerstörung, Schadstoffbelastungen, Ressourcenausbeutung etc.

Wissenschaftlicher und technologischer Fortschritt kann dazu führen, dass die Ausbeutung von bisher unrentablen Rohstoffen rentabel wird. Dadurch werden in der Regel Biotope zerstört und die Schadstoffbelastung steigt. Größere Fangschiffe mit größeren Netzen ermöglichen eine weitere Überfischung sowie eine Ausbeutung der Tiefsee. Die technischen Verfahren zur Herstellung von künstlichem Dünger (Ammoniaksynthese zur Herstellung von Stickstoffdünger) haben die Überdüngung gefördert. Exzessiv eingesetzte Pflanzenschutzmittel reduzieren Pflanzen- und Insektenarten.

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Die Gefahren von Biodiversitätsverlust

Biodiversitätsverlust ist ein drängendes Problem, dass dem Klimawandel nicht nachsteht. Vielmehr sinkt durch den massiven Rückgang der Biodiversität drastisch die Möglichkeit des Ökosystems Erde auf den Klimawandel reagieren zu können. Damit nehmen die negativen Folgen des Klimawandels weiter zu.

Zur Erhaltung der Biodiversität ist nicht nur die Erhaltung einzelner Hotspots wichtig, sondern der Schutz aller Biotope. Hotspots stehen in Wechselwirkung mit anderen Biotopen und können nicht ohne intakte Wechselwirkungen bestehen. Damit Biotope erhalten bleiben, ist zudem die Besiedlung mit den typischen Arten erforderlich.

Die Erhaltung des Ökosystems Erde ist eine Aufgabe, die das Zusammenwirken aller Menschen erfordert. Die Erhaltung der Biodiversität ist also auch in Deutschland dringend erforderlich. Ebenso wie überall auf der Welt nimmt sie jedoch in Deutschland ab.

However, the window of opportunity is rapidly closing. [9]

Sinngemäß: Das Zeitfenster, um zu reagieren, schließt sich schnell.

Rutger Bregman (Historiker, Autor): „Die Evolution hat uns freundlich gemacht“. Interview in Geo 01/2022:

Ich glaube aber, dass viele, die sich der Umweltprobleme bewusst sind, noch unterschätzen, wie viel getan werden muss. Wir müssen die ganze Wirtschaft, die gesamte Gesellschaft transformieren.


Weitere Texte zum Thema

Teil 1: Biodiversität: Gefährliches Spiel mit komplexen Systemen
Teil 3: Biodiversität: Der Nutzen für die Menschheit


Literatur

  1. Artensterben: Karibische Mönchsrobbe
  2. Artensterben: Stellers Seekuh
  3. BAdW: Zukunft ohne Eis – Zweiter Bayerischer Gletscherbericht: Klimawandel in den Alpen. 2021
  4. BfN: Auenzustand (2021)
  5. BfN: Gefährdung der Biotoptypen in Deutschland (Grafik, 2017)
  6. BfN Presseinformation: Veröffentlichung der Roten Liste gefährdeter Biotoptypen. 31.05.2017, Bundespressekonferenz Berlin
  7. BMUV: FAQ Biologische Vielfalt
  8. BR: Landwirbeltiere sterben noch schneller aus als bisher befürchtet. 02.06.2020
  9. Ceballos G. et al: Accelerated modern human–induced species losses: Entering the sixth mass extinction. Sci. Adv. 2015
  10. Destatis: Siedlungs- und Verkehrsfläche wächst jeden Tag um 52 Hektar. Pressemitteilung 30.04.2021
  11. Deutschlandfunk: Biotop Autobahn Leben rund um Deutschlands Schnellstraßen. 30.06.2014
  12. Deutschlandfunk: Die Invasion der Aga-Kröten. 30.07.2013
  13. Ferrante L., Fearnside, PM: The Amazon: biofuels plan will drive deforestation. 07.01.2020
  14. Gletscherarchiv: Die Folgen
  15. MPG: Biodiversität – Vielfalt des Lebens
  16. NABU: Marderhund und Götterbaum unter besonderer Beobachtung.
  17. NABU: Der asiatische Harlekin-Marienkäfer hat Europa erobert.
  18. NABU: Offshore-Windkraft in Deutschland – Chance fürs Klima – Risiko für die Meere.
  19. Phillips D.: Amazon rainforest ‚close to irreversible tipping point‘ – Forecast suggests rainforest could stop producing enough rain to sustain itself by 2021. 23.10.2019
  20. Rote Liste Zentrum – Organismengruppen – Pflanzen – Farn- und Blütenpflanzen
  21. Rote Liste Zentrum – Organismengruppen – Wirbeltiere
  22. Rote Liste Zentrum – Organismengruppen – Wirbeltiere -Säugetiere
  23. Scinexx – das wissensmagazin: Exklusive Partnerschaften – Vorteile und Risiken extremer Anpassung
  24. Uekötter F: Im Strudel – Eine Umweltgeschichte der modernen Welt. Sonderausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Band 10684, Bonn, 2021
  25. WMF: Geisternetze

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