Die Anzahl dicker Hund in den Industrieländern ist hoch. Im Detail sind die Ursachen vielfältig, aber im Wesentlichen auf den Hundehalter zurückzuführen. Die Folgen für betroffene Hunde sind Verlust an Lebensqualität und Krankheiten.
Häufigkeit
Viele Hunde haben Übergewicht. So viele, dass teilweise der Blick für einen normalgewichtigen Hund verzerrt ist. Die Angaben, wie hoch der Prozentsatz tatsächlich ist, schwanken jedoch stark. Von „gefühlt fast alle“ bis zu lediglich 20 % ist alles zu finden. Am wahrscheinlichsten scheint ein Wert um die 50 % zu sein.

Bielig (2022) untersuchte Hunde (Besuchs- und Ausstellungshunde) einer Hundeausstellung. Hier lag der Anteil übergewichtiger Hunde bei rd. 22 %. Allerdings ist diese Untersuchung für die Gesamthundepopulation nicht repräsentativ. Es ist anzunehmen, dass der Anteil übergewichtiger Hunde deutlich über 22 % liegt. (Anmerkung: Der Anteil kranker Hunde lag in der Untersuchung übrigens bei rd. 39 %.)
Lindase et al. untersuchten 2021 Ausstellungshunde auf einer großen schwedischen Hundeausstellung und ermittelten einen Anteil von 32 % übergewichtigen Hunde. Die meisten waren jedoch nur leicht übergewichtig (BCS (Body Condition Score) = 6, Erläuterungen BCS s. u.). Auch diese Untersuchung ist nicht repräsentativ für die Gesamtpopulation.
Beide Untersuchungen zeigen, dass selbst bei Show-Hunden oder bei Hunden von interessiertem Publikum (bei Bielig) der Anteil übergewichtiger Hunde hoch ist.
Auch wenn man den genauen Anteil übergewichtiger Hunde nicht kennt: Fachleute sind sich einig, dass der Anteil übergewichtiger Hunde zunimmt und Übergewicht die häufigste ernährungsbedingte Erkrankung beim Hund ist.
Folgen
Die Folgen von Übergewicht sind vielfältig und nehmen mit dem Ausmaß des Übergewichts zu.
Die Vitalität und Lebensqualität übergewichtiger Hunde nimmt ab. Bewegungsfähigkeit und Bewegungslust sinken, es treten Atemprobleme auf. Für kurznasige Rassen, wie dem Mops, kann aufgrund der rassebedingt schwierigen Atmung (eingeschränkte Sauerstoffzufuhr) und der gewichtsbezogenen Belastungen, wie zusätzliche Atemprobleme und erhöhter Sauerstoffbedarf, jede Bewegung zur Qual oder sogar lebensbedrohlich werden. Zusätzlich geht mit Fettleibigkeit Hitzeintoleranz einher. Da es für kurznasige Rassen durch die verkürzten Nasen schwieriger ist, ihre Temperatur im Sommer zu halten, wird der Hitzestress bei Übergewicht weiter verstärkt.

Wirbelsäule und Gelenke werden durch Übergewicht mehr belastet. Das führt zu einem erhöhten Verschleiß der Gelenke (Arthrose) und zu Schmerzen. In der Folge bewegen sich die Hunde weniger, wodurch das Übergewicht weiter ansteigt. Übergewicht zu vermeiden ist daher besonders bei Rassen mit rassebedingten Skelettproblemen relevant, wie z. B. bei Dackeln (langer Rücken), Basset Hound, Dackel und Corgi (krumme Beine). Gleiches gilt auch für Hunde mit bereits bestehenden Gelenkerkrankungen (HD, ED etc.). Die Hunde sollten zur Gelenkschonung strikt im unteren Bereich des Idealgewichtes gehalten werden (BCS-Stufe 4).
Starkes Übergewicht führt zu vermehrter Faltenbildung. Bei Hunden, die rassebedingt faltiger Haut haben (z. B. Shar Pei, Bulldogge, Mops), steigen die mit den Hautfalten einhergehenden Probleme, wie z. B. Hautentzündungen. Jedoch auch für andere Rassen steigt das Risiko von Hauterkrankungen.
Weitere Folgen:
- Förderung von Erkrankungen, wie Diabetes, Bauchspeicheldrüsenentzündung, Krebs (z. B. an Gesäuge, Harnleiter, Harnblase), Leberprobleme, Herzkreislaufprobleme,
- höheres Risiko für Demenz im Alter,
- reduzierte Immunkompetenz (erhöhte Infektanfälligkeit)
- höhere Gefahr von Bewegungsschäden durch erhöhte mechanische Belastung (z. B. Kreuzbandrisse),
- erhöhtes Narkoserisiko,
- Verhaltensprobleme und -änderungen durch reduzierte Bewegungs- und Fluchtmöglichkeiten, Langeweile,
- reduzierte Lebenserwartung.
Ursachen
Im Prinzip gibt es lediglich zwei Ursachen für Übergewicht:
- Erkrankungen, die zu Übergewicht führen können, wie z. B. eine Schilddrüsenunterfunktion oder Morbus Cushing. Mit Behandlung der Erkrankung verschwindet in der Regel auch das Übergewicht,
- der Besitzer.
Eine gewisse Zwischenstellung nehmen Medikamente, wie Cortison oder einige Antiepileptika ein, die ebenfalls zu Übergewicht führen können.
Energiebedarf
Die Besitzer-bezogenen Ursachen lassen sich auf eine zu hohe Energiezufuhr zurückführen. Jedes Lebewesen hat einen bestimmten Energiebedarf. Die Energie wird in Form von Nahrung zugeführt, überschüssige Energie in Form von Fett gespeichert. Der Energiebedarf ist von zahlreichen Faktoren abhängig, wie zum Beispiel Bewegung / Aktivität und Umgebungstemperatur. Wachsende Hunde und trächtige Hündinnen haben einen höheren Energiebedarf.
Die aufgenommene Nahrung wird individuell unterschiedlich verarbeitet. Bei gleicher Rasse und gleichem Bewegungsniveau kann somit ein Hund eine größere oder kleinere Futtermenge benötigen als ein anderer Hund. Die Differenz des einzelnen Hundes zu den Fütterungsempfehlungen kann bis zu 30 % betragen.

Auch Mikrobiota im Darm können zu höherer Energiezufuhr und somit Übergewicht führen, nämlich wenn Bakterien eigentlich unverdauliche Nahrungsinhaltsstoffe verwerten und die dabei entstehenden Stoffwechselprodukte vom Hund als Energiequelle genutzt werden. Dadurch kann ein Hund bei zwei Futtersorten mit gleichem Energiegehalt je nach seiner Darmbakterienzusammensetzung unterschiedliche Futtermengen benötigen.
Der Kalorienbedarf ist daher immer nur ein Durchschnittswert, der an den jeweiligen Hund angepasst werden muss. Das heißt: Stellt man fest, dass der Hund zunimmt, ist eine Änderung in der Futtermenge (und / oder im Bewegungsprofil) erforderlich.
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Futter
Zu große Futtermenge bedeutet zu hohe Energiezufuhr. Bei der Futtermenge sind auch Leckerchen, Erziehungshappen, Kauartikel und „der letzte Happen vom Tisch“ zu berücksichtigen. Bei Hunden, die sich regelmäßig von Spaziergängern oder Nachbarn Zusatzhappen erbetteln, gilt dies natürlich ebenso.
Bei der Futterration kann man sich nicht immer auf die vom Hersteller angegebenen Mengen beziehen. Zum einen verwertet jeder Hund das Futter anders (s. o.), zum anderen ist bei manchen Futtern die erforderliche Ration falsch angegeben. Stiftung Warentest 2021 stellte in einem Hundefuttertest von 20 Trockenfuttern für mittelalte Hunde und 8 Seniorenfuttern fest, dass jeweils eine Futtermengenangabe (zumindest teilweise) zu hoch war.

In der Untersuchung von Petzl (2011) wurden 50 % der übergewichtigen Hunde nach Herstellerangaben gefüttert, unabhängig vom tatsächlichen Energiebedarf, der z. B. durch Bewegung oder Kastration (s. u.) verändert ist. Dagegen waren rd. 63 % der Hunde normalgewichtig, deren Besitzer lediglich aufgrund von Erfahrung / Gefühl fütterten.
Bjornvad et al ermittelten in ihrer Untersuchung (2019), dass das Risiko übergewichtig zu werden, steigt, wenn nur eine Mahlzeit pro Tag gefüttert wird und stimmten damit mit anderen Studien (u. a. Petzl) überein. Eine Studie fand dagegen keinen Zusammenhang zwischen Fettleibigkeit und 1x-Fütterung. Je nach Studie steigt das Risiko aber wieder an, wenn mehr als 3x oder 5x gefüttert wird. Vermutlich bieten mehrere Mahlzeiten am Tag dem Hund eine gewisse Grundsättigung und verhindern so, dass er anderes fressbare aufnimmt. Bei zahlreichen kleinen Mahlzeiten könnte dagegen ein ausreichendes Sättigungsgefühl ausbleiben.
Rasse
Bei manche Rassen sind überproportional häufig übergewichtige Hunde zu finden. Hierzu zählen, z. B.:
- Labrador Retriever,
- Golden Retriever,
- Mops,
- Dackel,
- Cocker Spaniel, Englisch Springer Spaniel
- Beagle,
- Chihuahua.
Bei den Retrievern wird dies auf das POMC-Gen zurückgeführt, welches mit Fresslust und Neigung zu Fettleibigkeit einhergeht. Dennoch liegt es in der Verantwortung des Halters, der ungebremsten Fresslust entgegenzuwirken.
Bei Mops, Dackel und anderen Rassen mit rassebedingten Erkrankungen oder Merkmalen verschärft Übergewicht die durch die Rasse bedingten Probleme, die durch z. B. Kurznasigkeit, einen langen Rücken oder krumme Beine ohnehin entstehen (s. o.).
Bewegungsmangel
Wenig Bewegung führt zu einem geringeren Energiebedarf.
Der Energiebedarf bei Bewegung hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie Dauer der Bewegung, Intensität der Bewegung (Schritt, Trab, Galopp) sowie den Umgebungsbedingungen, wie der Temperatur.
Bewegung ist also nicht gleich Bewegung und der Energiebedarf muss richtig eingeschätzt werden. Bei einem gemütlichen 2-stündigen Spaziergang werden weniger Kalorien verbraucht, als bei einer Jogging-, Rad- oder Bergtour in der gleichen Zeit. Im Freilauf bewegen sich die meisten Hunde mehr, als an der Leine und verbrauchen somit mehr Energie. Spielen, Toben, Rennen verbraucht viel Energie.
Die Zunahme des Energiebedarfs durch Bewegung ist bei Haushunden jedoch eher gering und wird daher oft überschätzt. Als Anhaltswerte kann man rechnen, dass ein Hund, der sich täglich 2 Stunden im Trab (oder 8 Stunden im Schritt) bewegt, ungefähr das 1,4-fache der Futtermenge benötigt. Bei täglich 3 Stunden im Schritt ist der Energiebedarf lediglich um das 1,1-fache erhöht. (Zentek, 2016)

Bei Arbeitshunden kann dagegen der Energiebedarf deutlich erhöht sein: Ein Hütehund, der 9 Stunden aktiv ist (8 Std. Schritt, 1 Std. Galopp, Summe 46 km) hat dagegen fast den doppelten Energiebedarf. Bei Schlittenhunden, die bei extremen Temperaturen im Einsatz sind, steigt der Energiebedarf noch deutlicher an: auf das 3-4-fache. (Zentek, 2016)
Bjornvad et al. stellten fest, dass das Risiko für Übergewicht bei Hunden, die sich frei im Garten bewegen können, geringer ist. Dies könnte an mehr Bewegung des Hundes liegen, aber auch aus anderen Einflüsse resultieren (etwa höherer Bildungsgrad und Gehaltsstufe der Halter). Petzl stellt das Gegenteil fest: Hunde, denen kein Garten zur Verfügung steht, haben ein geringeres Risiko für Übergewicht. Allerdings war der Unterschied nur minimal. Letztendlich ist relevant, wie viel sich der Hund im Garten bewegt, ob diese Bewegung als zusätzliche Bewegung zum Tragen kommt und ob der Hund im Garten die Möglichkeit hat, sich zusätzliche Nahrung zu beschaffen.
Geistige Arbeit ist kein Ersatz für Bewegung. Das Gehirn benötigt zwar circa 20 % der Energie, der Energiebedarf steigt aber kaum bei höheren geistigen Leistungen. Während beim Menschen ein Sprint den Energieumsatz auf das 10- bis 20-fache des Grundumsatzes steigert, können mit 10%-iger Steigerung hochwissenschaftliche Abhandlungen oder hervorragende literarische Werke verfasst werden. Auch bei Hunden ist dies nicht anders.
Zur Orientierung: Stark erhöhter Energieverbrauch ist an erhöhten Sauerstoffbedarf und damit an erhöhter Atemfrequenz erkennbar (nicht mit Hecheln zur Temperaturregulierung an heißen Tagen zu verwechseln).
Alter
Alter wird als Risikofaktor für Übergewicht gewertet. Ob das Alter per se anfälliger für Übergewicht macht oder lediglich durch die mit dem Alter einhergehenden typischen Veränderungen, wird noch diskutiert. Viele Hunde bewegen sich im Alter weniger, benötigen somit weniger Energie. Möglicherweise wird eine schon lange stattfindende Gewichtszunahme auch erst im Alter erkennbar.
In der Studie von Bjornvad bestand für ältere Hündinnen ein höheres Risiko für Übergewicht, während es für ältere Rüden sogar reduziert war.
Das Übergewicht des Hundes ist positiv mit dem Alter des Besitzers korreliert: je älter der Halter, desto größer das Risiko für Übergewicht beim Hund.

Kastration
Kastrierte Hunde neigen aufgrund eines geänderten Stoffwechsels zu Übergewicht. Dem kann man durch angepasste Futtermengen entgegenwirken. Nach einer Faustregel benötigen Kastraten rund 1/3 weniger Energie als unkastrierte Hunde. Nach der Untersuchung von Bjornvad et al erhöht sich das Risiko für Fettleibigkeit allerdings nur für Rüden.
Somit ist eine mögliche Stoffwechselveränderung nach der Kastration individuell zu bewerten. Manche Hunde haben keinen reduzierten Energiebedarf.
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Übergewichtige Halter
Verschiedene Untersuchungen bestätigten, dass es einen deutlichen Zusammenhang zwischen übergewichtigen Haltern und übergewichtigen Hunden gibt: Das Risiko für Hunde, übergewichtig zu werden, ist bei übergewichtigen Haltern höher. Teilweise haben Hund und Halter auch die gleichen durch Übergewicht bedingte Erkrankungen, wie etwa Diabetes.
Die Faktoren, die zum Übergewicht beim Halter führen, werden auch auf den Hund übertragen. Zu diesem sogenannten „fettleibigen Lebensstil“ gehören vor allem übermäßiges Essen in Verbindung mit wenig Bewegung. So wird Futter (bzw. Leckerchen) häufig als positive Interaktion mit dem Hund verstanden und genutzt, aber nicht in der Gesamtfuttermenge berücksichtigt.
Suarez et al. (2022) klassifizierten den typischen Halter eines übergewichtigen Hundes als weiblich, älter als 40 Jahre und ohne ausreichende Bewegung. In der Studie bestand zudem eine hohe Korrelation zwischen niedrigem Bildungsniveau der Halter und Übergewicht beim Hund.

Übergeicht erkennen
Für die meisten Hundebesitzer ist es schwierig, das Gewicht ihres Hundes richtig einzuordnen. Studien zeigen, dass bis zu 65 % der Halter die Situation falsch beurteilen. In der Regel werden Übergewicht und Fettleibigkeit unterschätzen. Das kann verschiedene Gründe haben.
Je mehr Hunde mit Übergewicht im Straßenbild zu sehen sind, desto mehr verschiebt sich die Wahrnehmung: Der eigentlich idealgewichtige Hund wird als untergewichtig eingestuft, der leicht Übergewichtige als normalgewichtig. Manche Halter finden leicht übergewichtige Hunde optisch attraktiver als idealgewichtige Hunde.
Der Besitzer muss zudem ein gewisses Problembewusstsein haben, um Das Übergewicht seines Hundes zu realisieren und akzeptieren. Bei dem eigenen Hund treten verschiedene Wahrnehmungsverzerrungen auf: Da Gewichtszunahme langsam erfolgt, tritt ein gewisser Gewöhnungseffekt auf. Veränderungen in der Körpermasse oder Reduzierung der Aktivität werden nicht oder zu spät wahrgenommen. Eigenschaften wie glänzendes Fell sind augenfälliger als das Körpergewicht. Der Halter neigt dazu, das Übergewicht des Hundes zu beschönigen etc.
Auch Rassestandards können zu Fehleinschätzungen führen. So verglichen Smith et al. (2018) das Gewicht von Hunden verschiedener Rassen mit den Angaben der Rassestandards. Häufig waren die Rassestandards zu hoch angesetzt, sodass gemäß Rassestandard der Hund untergewichtig ist, gemäß BCS jedoch idealgewichtig. Hinsichtlich fettleibigen Hunden sind die Rassestandards hingegen aussagefähiger.
In der Studie von Lindase wurde festgestellt, dass schlanke und übergewichtige Hunde in gleichem Maße Auszeichnungen erhielten, die Richter also übergewichtige Hunde nicht mit Punktabzügen belegten. Ein klares Signal der Jury gegen übergewichtige Hunde könnte zu einer neuen Wahrnehmung führen.

Die Rolle des Tierarztes
Um Hundehalter hinsichtlich des bestehenden Übergewichtes zu sensibilisieren, spielt der Tierarzt eine wichtige Rolle.
Oft wird in den Patientenakten das (Über-)Gewicht des Hundes nicht notiert. In einer englischen Studie (Pegram 2021) wurden für das Jahr 2016 Einträge in elektronischen Patientenakten ausgewertet und eindeutige oder weniger eindeutige Hinweise (Gespräch über Gewichtsreduzierung) ausgewertet. Der Anteil der so als übergewichtig eingestuften Hunde betrug innerhalb eines Jahres rd. 7 %. Dieser Wert liegt deutlich unter den Prozentangaben anderer Studien. Die Autoren nehmen daher an, dass mehrere Faktoren das Ergebnis verzerren, wie z. B.:
- unvollständige Aufzeichnungen bei einem Routinebesuch,
- zeitliche Einschränkungen bei einem Routinebesuch,
- Tendenz der Besitzer, das Übergewicht ihres Hundes zu unterschätzen und den Tierarzt nicht konkret darauf anzusprechen sowie
- Zurückhaltung des Tierarztes, den Hundehalter auf das Übergewicht des Hundes anzusprechen.
Dass es manchen Tierärzten schwerfällt, Besitzer auf das Übergewicht ihrer Hunde anzusprechen, stellten auch Aldewereld et al. (2021) fest. Sie befragten online und face-to-face Tierärzte über ihre Bereitschaft oder ihre Hemmgründe, Halter aktiv auf das Übergewicht des Hundes anzusprechen.
Hemmnisse waren vor allem die Angst vor Unzufriedenheit und negativen Reaktionen der Kunden. Aufgeführt wurden zum Beispiel, Angst, den Kunden zu verlieren; Hemmungen, mit uneinsichtigen Kunden zu diskutieren oder die Angst, vom Kunden lediglich als Verkäufer für Hundefutter hingestellt zu werden. Teilweise wird auch Zeitmangel im Rahmen von Routineuntersuchungen als Grund aufgeführt, nicht auf das Übergewicht des Hundes hinzuweisen.
Da Übergewicht bei Hund und Halter positiv korrelieren, ist in den betreffenden Konstellationen ein zusätzliches Hemmnis vorhanden. Tierärzte befürchten, dass die Halter eine unterschwellige persönliche Kritik an ihrem Übergewicht wahrnehmen, wenn sie auf das Übergewicht des Hundes angesprochen werden.
Tierärzte sind sich der Hemmnisse, mit Besitzern über ihre dicken Hunde zu reden, oft nicht bewusst. Im Online-Fragebogen wurden weniger Hemmnisse angegeben als in der direkten-Befragung und dort wurden Hemmnisse erst später auf spezielle Rückfragen erwähnt.
Seitens der Besitzer wird Übergewicht häufig nicht angesprochen und war in der Untersuchung von Petzl in keinem Fall der Grund für einen Tierarztbesuch. In der Untersuchung waren 34 % der untersuchten Hunde übergewichtig. 40 % aller Hunde hatten chronische Erkrankungen, vor allem Herzerkrankungen und Erkrankungen des Bewegungsapparates. Bei diesen Erkrankungen ist die Einhaltung des Idealgewichts relevant, andererseits führen sie jedoch auch zu Bewegungseinschränkungen und weniger Bewegung.
Wird das Thema Übergewicht vom Tierarzt nicht angesprochen, wiegt sich der Halter eventuell in der Gewissheit, dass kein Gewichtsproblem besteht. Da Halter oftmals das Übergewicht nicht selbst erkennen, ist es jedoch wichtig, dass der Tierarzt das Thema anspricht.
Der BCS (Body Condition Score)
Eindeutige Definitionen für Übergewicht, Fettleibigkeit und dem Unterschied zwischen beiden gibt es nicht. Teilweise werden beide Begriffe synonym verwendet. Es gibt auch wenig Einigkeit über das Idealgewicht und die Abgrenzung zum Übergewicht. Das macht es nicht nur problematisch, mit dem Hundehalter über das Thema zu reden, sondern auch Studien zum Thema zu vergleichen.
Im günstigen Fall wiegt man den Hund regelmäßig und reagiert rechtzeitig auf Gewichtsveränderungen. Das Gewicht lediglich in Bezug zur Größe oder zum Rassestandard zu setzen, ist jedoch nicht aussagekräftig.
Die für den Halter einfachste Methode, Übergewicht beim Hund festzustellen, ist daher der BCS (Body Condition Scores). Dieses System ist international anerkannt und wird in vielen Studien zu Übergewicht verwendet. Zur Einordnung in eine Kategorie wird der Hund von oben und der Seite betrachtet und abgetastet. Relevant ist vor allem die Bauchlinie und wie gut die Rippen zu ertasten sind. Anhand der Ergebnisse wird der Hund in eine Skala von 1 bis 9 eingestuft. Das Idealgewicht liegt in der Mitte, also bei 5. Eine analoge Skala verwendet eine Abstufung von 1 bis 5 mit dem Idealgewicht bei 3.

Auf der Seite von Royal Canin UK wird in einer interaktiven Grafik für verschieden große Hunde das Körperbild innerhalb der Skalenstufen dargestellt (die Grafik gibt es auch für Katzen). Auf der Seite von Royal Canin US sind die Körperformen hingegen schematisch gezeichnet.
Bei der 9-stufigen BCS-Skala entspricht eine Skalenstufe ca. 10 % des Körpergewichtes. Ein Hund in der Stufen 6 hat somit ein ca. 10 % höheres Gewicht als ideal wäre und eine beginnende Fettleibigkeit. Bei 20 % Übergewicht (Stufe 7) handelt es sich um eine klinisch erkennbare Fettleibigkeit (Adipositas).
Aus den 10 %-Stufen ergibt sich auch das Idealgewicht:
Idealgewicht = derzeitiges Gewicht – (derzeitiges Gewicht * Prozent Übergewicht)
Der BCS ist jedoch keine absolut objektive Methode, sondern teilweise subjektiv. Nicht zuletzt deswegen wird das Übergewicht beim (eigenen) Hund durch den Halter oft unterschätzt. Die regelmäßige Einstufung eines Tierarztes in Verbindung mit dem Wiegen ist daher empfehlenswert.
Abnehmen
Aufgrund der negativen Auswirkungen von Übergewicht sollte das Gewicht des Hundes im idealen Bereich gehalten werden. Falls das nicht gelungen ist, ist es ungleich schwerer, das Idealgewicht wieder zu erreichen.
In der Regel ist die Gewichtsreduktion erfolgreicher, wenn Fachleute (Tierarzt, Physiotherapeuten) unterstützen und beraten.
Die Menge des normalen Futters langfristig zu reduzieren (FdH – Friss die Hälfte), kann zu Unterversorgung von Spurenelementen führen. Daher werden vom Tierarzt spezielle Diät-Futter empfohlen oder ein spezieller Diätplan zusammengestellt. Häufig sind diese Futter ballaststoffreich, sodass die Futtermenge ähnlich, jedoch der Kaloriengehalt reduziert ist.
In der Regel ist neben der Reduzierung der Energiezufuhr auch mehr Bewegung erforderlich. In Zusammenarbeit mit dem Tierarzt können Bewegungspläne erstellt werden, die an die Möglichkeiten des Hundes und den zunehmenden Fitnessgrad angepasst werden. Vorher sollte unbedingt geprüft werden, ob bereits gesundheitliche Schäden, etwa Herz- oder Gelenkprobleme, vorliegen.
Da Übergewicht bei Hund und Halter korrelieren, kann ein One-Health-Ansatz sinnvoll sein, der sowohl das Gewichtsmanagement beim Hund als auch beim Halter umfasst.
Empfehlung zu One Health: Deutschlandfunk: Mensch, Katze, Hund: über artverwandte Medizin:
„Krebskranke Hunde bekommen Chemotherapie oder Herzschrittmacher, Katzen werden Implantate oder künstliche Harnleiter eingesetzt. Zu viel Aufwand für ein Tier? Im Gegenteil: Tier- und Humanmedizin können viel voneinander lernen, im besten Falle profitiert die eine Disziplin von der anderen.“
Quellen (Auszug)
Aldewereld CM et al.: Discussing overweight in dogs during a regular consultation in general practice in the Netherlands. J Anim Physiol Anim Nutr. 105(Suppl. 1):56–64; 2021.
Bielig A: Erhebungen zu biologischen Grunddaten, verschiedenen Ernährungstrends und dem Gesundheitsstatus von in Deutschland gehaltenen Hunden im Zeitraum von 2009 bis 2019. Dr.-Arbeit, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, 2022.
Bjornvad C et al.: Neutering increases the risk of obesity in male dogs but not in bitches — A cross-sectional study of dog- and owner-related risk factors for obesity in Danish companion dogs. Preventive Veterinary Medicine; Volume 170, 104730; 2019.
Lindase S et al.: Overweight in Swedish show dogs-prevalence and association with performance in competition. Acta Vet Scand 63:17; 2021.
Pegram C et al.: Frequency, breed predisposition and demographic risk factors for overweight status in dogs in the UK. Journal of Small Animal Practice 62, 521–530; 2021.
Petzl P: Erhebung des Anteils übergewichtiger Hunde und möglicher Risikofaktoren für Übergewicht am Patientengut von mehreren österreichischen Tierarztpraxen. Diplomarbeit, Veterinärmedizinischen Universität Wien, 2011.
Stiftung Warentest: Nicht seniorengerecht. test 5/2021.
Smith EG et al.: Canine recommended breed weight ranges are not a good predictor of an ideal body condition score. J Anim Physiol Anim Nutre. 102: 1088 – 1090, 2018.
Suarez L et al.: Is Dog Owner Obesity a Risk Factor for Canine Obesity? A “One-Health” Study on Human–Animal Interaction in a Region with a High Prevalence of Obesity. Vet. Sci., 9, 243, 2022.
Zentek J: Ernährung des Hundes. 8. aktualisierte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2016.
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