Der Berger des Pyrénées – eine rasende Beschreibung

Der Berger des Pyrénées fördert durch seine einzigartigen Eigenschaften sowohl die körperliche als auch die geistige und mentale Fitness seines Halters. Stets ist er zu Streichen aufgelegt und hat – egal wofür – Lösungsbeiträge. Man muss ihn einfach gerne haben – oder an ihm verzweifeln.

(Bitte beachten Sie, dass dieser Beitrag im Bereich „Glosse“ eingestellt ist: Die Beschreibung ist manchmal etwas überspitzt und nicht immer ernst zu nehmen.)

Der Berger des Pyrénées ist ein komplizierter Hund und steckt voller Probleme.

Porträt BdP: Der BdP: immer für eine Überraschung gut und immer neugierig
Der BdP: immer für eine Überraschung gut und immer neugierig

Die erste Schwierigkeit ist, seinen Namen richtig zu schreiben: Zum Glück ist google großzügig und liefert bei einer annähernd richtigen Schreibweise passende Ergebnisse.

Das zweite Problem ist, den Namen auch richtig auszusprechen. Laut Rassebroschüre „[Bärschee dee Pireenee]“.

Das dritte Problem ist die Interpretation des Namens. „Berger“ ist ein Schäfer, Hirte – oder eben dessen Hund, weil die eigentliche Arbeit ja eh der Hund macht. Der Berger des Pyrénées ist also ein Pyrenäenschäferhund.

Nicht zu verwechseln mit seinem großen Bruder, dem Pyrenäenberghund. Auf gut französisch: Chien de Montagne des Pyrénées – kurz – Patou (vermutlich, weil er patou – sorry – partout seinen eigenen Dickkopf durchsetzen muss). Das ist ein Hund aus den Bergen der Pyrenäen im Gegensatz zum Pyrenäenschäferhund. Der ja …. auch aus den Pyrenäen kommt. Äh…. Der Pyrenäenberghund ist kein Schäferhund, sondern ein Herdenschutzhund und an der Herde für all das zuständig, für was sich der Hüter zu fein ist. Eine perfekte Arbeitsteilung.

Um der sprachlichen Verwirrung etwas zu entgehen, wird der Berger auch gerne als Pyri bezeichnet. Allerdings erinnert das an Pyromane – also Brandstifter. Was auch nicht so ganz verkehrt ist. Er zündet zwar keine Häuser (oder Schafe) an – aber irgendwie erinnert er doch an einen Brandstifter: Überall, wo er auftaucht, ist die Hütte am Brennen. Heißt: es geht hoch her.

  • Das liegt zum einen daran, dass der Pyri ständig irgendwelche lustigen Ideen hat, was man so anstellen kann. Was liebevoll mit „“dummen“ Streichen“ umschrieben wird. Nicht umsonst wird er auch als Clown bezeichnet.
  • Zum anderen liegt es daran, dass bei seiner Konstruktion leider der erste Gang vergessen wurde. Der Pyri ist ständig in einem Tempo unterwegs, als hätte er einen brennenden Schwanz. Langsam geht gar nicht. Auch im hohen Alter ist die Nachrüstung eines ersten Gangs nicht vorgesehen.

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Zum Glück wurden zwei wichtige Sachen – also eigentlich drei – bei seiner Konstruktion nicht vergessen: die Ohren, das Gehirn und die Verbindung zwischen beiden. Wenn man es geschickt anstellt, hört der Berger des Pyrénées perfekt. Am besten hört er dann, wenn man ihm genau das sagt, was er ohnehin gerade vorhat.

Der Pyränenschäferhund hat eine hohe Gehörintelligenz: auf verschieden modulierte Pfiffe hört er recht gut. Jedenfalls sofern sein Besitzer in der Lage ist, die gewählte Modulation konsequent zu treffen. Ansonsten zuckt der Pyri mit den Schultern und behauptet, dass der Pfiff nicht ihm gegolten hat – vielleicht wollte der Besitzer ja ein Liedchen anstimmen.

Ein kleiner Nachteil der Konstruktion ist allerdings, dass der Berger des Pyrénées- weil er mit viel „verblüffender Intelligenz“ ausgestattet ist und die auch einsetzt – sehr schnell raus hat, ob sein Besitzer es nun ernst meint oder nicht. Sprich: der Besitzer sollte mindestens genauso intelligent sein, wie sein Hund. Verlangt er 3x „Sitz“, ohne konsequent darauf zu bestehen, wird der Pyri beim 4x nur noch Sitz machen, wenn etwas für ihn dabei rausspringt – oder eben gar nicht. Idealerweise gibt man ihm einen Befehl also nur dann, „wenn man vorher weiss, dass er durchsetzbar ist“. Ansonsten lernt der Pyri sehr schnell, dass er nur dann zu hören braucht, wenn der Besitzer nahe genug an ihm dran ist oder der Halter ihn böswilliger Weise an der Leine hat. Aber eigentlich „möchte [der Berger des Pyrénées] … seinem Herren alles recht machen“. Da der Pyri aber ein „hohes Maß an ….. Eigenwillen“ hat, geht er im Zweifelsfall davon aus, dass sein Besitzer wohl das gleiche will wie er.

Gerne sucht der Pyri sich aus den dargebotenen Signalen auch sein Wunschsignal aus und reagiert nur darauf. Hat der Halter das Wunschsignal identifiziert, hört der Pyri wie oben gesagt perfekt. Leider ist sich der Halter in den seltensten Fällen bewusst, dass er außer „Sitz“ auch noch viele andere Signale gesendet hat. Hört der Berger also nur auf „Sitz“, wenn neben dem 3x wiederholten verbalen Befehl auch ein Handzeichen und eine tiefe Verbeugung dargeboten werden UND es kurz vor Sonnenaufgang zu einer Vollmondnacht ist, dann liegt es vermutlich daran, dass irgendwo in der Signalflut sein Wunschsignal versteckt ist. Kleiner Tipp: es ist weder der Sonnenuntergang noch der Vollmond, aber vielleicht das Abschirmen der Augen gegen die tief stehende Sonne oder der Griff zur Sonnenbrille.

Der „Luxus-Berger“[Pyrenäen-Schäferhunde] erwartet also in vielerlei Hinsicht einen „begabten Menschen“.

Der Pyri wird auch als BdP bezeichnet. Dazu spuckt google unter anderem den „Bund deutscher Pfandfinder“ aus. Der Berger ist – entsprechend seiner Heimat – sehr geländegängig und liebt es, in halsbrecherischem Tempo über felsige Hänge zu rasen. Auch sein Orientierungssinn ist ganz praktisch: Lässt man ihm freie Hand, weiß er immer wo der Wanderpfad langläuft und wo es zurück zum Auto geht. Nur manchmal folgt er Pfaden, auf die man gerne verzichtet hätte.

Hund renntüber Steinbrücke
BdP sind hervorragende Pfadfinder – manchmal erkennt aber selbst der Mensch den Weg

Kompliziert ist auch, dass es DEN Berger des Pyrénées nicht gibt, weil sich hinter der Bezeichnung zwei Rassen verbergen, die sich optisch vorwiegend durch die Fellstruktur unterscheiden. Die face rase haben ein rasiertes Gesicht – so vermutet man zumindest aufgrund des Namens. In der Tat sind sie aber insgesamt nicht so wollig wie der poil long – der Langhaar-Berger. Der eignet sich hervorragend dazu das Wohnzimmer mit der nötigen Bodengrundlage für einen gesunden Rasen zu bedecken. Oder – wenn man ständig sauber macht – zumindest das Parkett anzuschleifen: Er sammelt draußen durch sein Rumgerase so viel Dreck auf, dass man stets jede Menge Feinstaub als Schleifgrundlage hat.

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Der Kurzhaarige ist etwas größer als das Wollknäuel. Das gleicht aber die Staubsammelfunktion des Langhaarigen nicht aus – er schafft es nicht ganz, soviel Dreck in die Bude zu bringen, wie der Wuschel.

Es gibt eine Unterart der Kurzhaarigen, die noch kurzhaariger ist: die Piémont. Wobei der Piémont ziemlich weit von den Pyrénéen entfernt ist – rein geografisch. Aber hier ist nicht das italienische Piémont, sondern das Vorland der Pyrénéen gemeint (französisch: le piémont: das Vorland). Dieser Schlag stammt also nicht aus dem Hochland der Pyrénéen, sondern aus seinen Ausläufern.

Die beiden Rassen unterscheiden sich nicht nur im Fell, sondern auch inhaltlich. Der Kurzhaar hat z. B. eine „höhere Gehorsamsintelligenz, weil er weniger aufs Hüten festgelegt ist“. DAS hört sich toll an. Heißt aber im Klartext, dass die Intelligenz den Gehorsam dominiert. Gefühlt sinnfreie Befehle werden gerne uminterpretiert: wieso soll hund an einer Straße Sitz machen – wenn hund genauso gut stehen bleiben kann? Hier ist dann die Adaptionsintelligenz des Halters gefragt. Der Langhaar wartet dagegen mit mehr „Eigeninitiative“ auf. Er überquert die leere Straße oder setzt sich hin, um den Verkehr durchzulassen. Neben dem „will to please“ sind eben beide auch „eigenwillig“.

Da der Mensch so ein Brimborium um die Haare macht, ist auch der Pyri diesbezüglich sehr sensibel. Merke: die beste Art einen Berger des Pyrénées nahezu bewegungsunfähig zu machen, ist eine winzige Klette im Fell. Wobei die Bewegungshemmung indirekt proportional zur Größe der Klette ist. In Fachkreisen wird noch diskutiert, ob die Anwendung von Kletten als Erziehungsmittel mit der Verwendung von Elektrohalsbändern gleichzusetzen ist. Nutzen Sie daher die Pyri-Bremse nur im Notfall und vergessen Sie NIE die Bremse wieder zu entfernen!!!! Der Pyri ist nicht in der Lage, sich die Klette selbst zu entfernen!!!

Gerne führt der BdP aber auch selbst Fellpflege durch, in dem er an Wänden, Zäunen, Gebüschen und ähnlichem eng langstreift. Bei Geschirr-tragenden Hunden führt das zu einem hohen Geschirrverschleiß.

Hund der an Holz langstreift BdP mit akutem Streicheldefizit oder einfach nur bei der Fellpflege
BdP mit akutem Streicheldefizit oder einfach nur bei der Fellpflege

Arbeitsintelligenz“ haben alle BdPs – egal ob mit super kurzem, kurzem oder langem Fell: Sie sorgen mit viel Intelligenz dafür, dass der Besitzer Arbeit hat. Von den Schlammsammelaktionen wurde ja schon berichtet. Aber auch in der Wohnung sind sie gerne gestalterisch aktiv. Oder man einigt sich eben darauf, dass der „besessene Workaholic“ doch bitte nur zusammen mit dem Besitzer seinen Tatendrang auslebt. Besitzer und Hund spurten also zusammen über verwinkelte Parcours auf dem Hundeplatz oder tragen Zeitungen aus oder machen „mentale Übungen“. Wobei die mentalen Übungen sowohl den Erfindungsreichtum des Besitzers als auch die Lösungsstrategien des Hundes fordert. Das der Hund mit einem nassen Wischmopp über den Boden wedelt und der Besitzer nur ab und an den Wischmopp auswaschen muss, wurde allerdings noch nicht berichtet.

Sollte der Eindruck entstanden sein, dass der BdP NUR chaotisch in der Gegend rumläuft oder die Wohnung einsaut oder schreddert: NEIN. Auch ein Berger des Pyrénées kann ganz ruhig in seinem Körbchen liegen und schlafen. Selbst dabei vergisst er aber nicht, für das Wohl seines Halters zu sorgen. Normal auf der Seite oder eingerollt: wie langweilig!!! Die abartigste Schlafstellung ist gerade gut genug. Ist der Pyri in seinem Körbchen nicht gerade mit Schlafen beschäftigt, tritt allerdings unweigerlich Plan B in Kraft: Zumindest mit den Blicken wird dem Halter vermittelt, dass alle Tätigkeiten ohne Hund sinnlose Tätigkeiten sind.

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In vielen Punkten weiß der Berger des Pyrénées also was er will. In einem Punkt ist er aber völlig unentschlossen: Er kann sich partout nicht entscheiden, ob er ängstlich oder mutig ist. Gerne stürmt er also mutig auf etwas zu, um im letzten Moment festzustellen, dass er doch Angst hat. Oder er verhält sich gegenüber Fremden ängstlich, um dann spontan zu beschließen, dass er mutig ist. Nicht selten ist bei diesem Gesinnungswandel Futter in der Hand der Fremden im Spiel. Man kann diesen Wesenszug auch liebevoll als gesundes „Misstrauen“ bezeichnen – oder den Berger des Pyrénées als „vorsichtigen und zugleich toll-kühnen Hund“ [Pyrenäen-Schäferhunde]. Am besten lässt man seinen Pyri die Sache selbst erforschen. Eine Sache „schön zu füttern“, kann langfristig gewaltig nach hinten losgehen. Das „Planen von Handlungen“, die den Besitzer zum Futterautomaten degradieren, gehört zu den Spezialitäten des Pyri. Zwar gilt der BdP als guter Futterverwerter und „benötigt […] [daher] deutlich weniger Futter, als es die Futtermittel-Hersteller wünschen“. Davon ist aber nicht jeder Pyri überzeugt und so hat die diesbezügliche Erziehung des Halters in den Augen des Pyri oberste Priorität.

Um es kurz zu sagen: wer sich für einen Berger des Pyrénées entscheidet, muss „zum Lösen – auch selbstgestellter – Probleme“ bereit sein. Das fängt mit der Schreibweise und Aussprache an und hört noch lange nicht mit den Ideen des hündischen Mitbewohners auf.

Aber ganz ehrlich: was sollte man bitte schön ohne seinen bekloppten Pyri machen? Frei nach Vicco von Bülow alias Loriot: „Ein Leben ohne Berger des Pyrénées ist möglich – aber warum sollte man sich das antun?“

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Quellen:

Mein besonderer Dank gilt den Mitgliedern der Facebook-Gruppe Berger des Pyrénées, die die tollen Fotos geliefert haben. Leider konnten hier von den zahlreichen Fotos nur einige wenige aufgenommen werden. Für Mitglieder der Gruppe sind alle Fotos hier einsehbar.

Eigene Erfahrungen und Erfahrungen von Berger-Haltern

Zitate (in Anführungszeichen und grün geschrieben) aus

Weitere Informationen:

Der Berger des Pyrénées – Homepage „Vom Wunderhorn“ – Archiv von Josef Müller

Homepage Ladys Hütewiese

Homepage Lilablue – noch im Aufbau

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by naseweisbz.net

5 Gedanken zu „Der Berger des Pyrénées – eine rasende Beschreibung

  1. Sehr schön geschriebener Beitrag. Einige Beschreibungen passen tatsächlich auf unseren Berger, aber nicht alle. Ich glaub, sie ist eine Ausnahme unter den Bergers.

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    1. Die Variabilität innerhalb einer Rasse kann genauso groß sein, wie zwischen zwei Rassen. Eine Rassebeschreibung gibt daher immer nur einen Idealtyp an. Und ja: mein BdP ist auf jeden Fall eine Ausnahme – die sieht vermutlich jeder Hundehalter in seinem Hund 🙂

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  2. Wunderbare HP. Köstlich vor allem die rasende Rassebeschreibung. Und auf die Klamotten stehe ich ja sowieso ❤️.

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    1. Ach wie amüsant. Auf Facebook hast du mich gefragt, ob mein Hund ein BdP ist. Da musste ich erst mal nachschauen, was das ist. Dabei habe ich diese köstlich geschriebene Rassebeschreibung und deinen Kommentar entdeckt. Es gibt Bilder, da dachte ich: genau wie Frida :-). Und auch bei der Beschreibung einiger Eigenschaften erkannte ich meine Süße wieder. Das liegt sicher am Briardeinfluss.

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  3. Das ist wirklich eine wunderbare Rassebeschreibung. Es ist ein Schnitt durch alle Bergers die wir kennen. Und jeder Hundehalter eines Bergers wird seinen Hund mehr oder weniger wiederfinden. Wir hatten als ersten Hund überhaupt einen face rase, die uns über 15 Jahre durchs Leben begleitete. Wir können die Rasse für aktive Menschen nur empfehlen. Und ja, es sind schlaue Hunde aber auch höchst sensibel. Man kann ihnen superschnell Sachen beibringen, sie erklären sich aber auch genauso schnell selbst die Welt, was bisweilen für Anspannungen in der Hund-Mensch-Beziehung sorgen kann.

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