Spinnennetze gibt es in zahlreichen Formen. Die Spinnenfäden haben hervorragende mechanische Eigenschaften, die technisch noch nicht erreicht wurden. Ein bebilderter Überblick.
Spinnen gehören zu den Spinnentieren (Arachnida) und sind damit eng verwandt mit Weberknechten, Skorpionen und Milben (inkl. Zecken). Sie sind wichtige und gut angepasste Landräuber. Häufig sind ihre Beutetiere deutlich größer als die Spinnen und haben einen harten Chitinpanzer. Daher nutzen Spinnen die extraintestinale Verdauung: die Verdauung außerhalb des Körpers. Dabei wird den Beutetieren Verdauungssaft eingespritzt, welcher das Gewebe der Insekten verflüssigt. Anschließend kann die Beute von der Spinne bis auf die Hülle ausgesaugt werden kann.
Viele Spinnen haben ein hervorragendes Sehvermögen, welches es ihnen ermöglicht, ihre Beutetiere gezielt zu verfolgen. Eine andere Jagdtechnik wenden die Webspinnen an, die ihre Beute mit Netzen fangen.

Evolutionär entwickelten sich die Spinnennetze von horizontalen Netzen zu vertikal aufgespannten Netzen. Hiermit wird eine höhere Beute erzielt, da Insekten in vollem Flug abgefangen werden. Das älteste gefundene „moderne“ Spinnennetz wurde in einem Bernsteinstück von vor 110 Millionen Jahre gefunden.
Es gibt zahlreiche unterschiedlich geformte Netzformen, die jeweils artspezifisch sind. Die Netzform und der Bau des Netzes, also die erforderlichen Bewegungsabläufe, sind angeboren. Dadurch werden die meisten erforderlichen Schritten zum Bau des Netzes stereotyp durchgeführt und nur wenige Schritte zur Anpassung an die jeweilige Umgebung variieren.
Die Spinnennetze können sehr groß und komplex aufgebaut sein. Die tropische Seidenspinne baut Netze, die bis zu 1,50 m groß sein können. Neben unregelmäßig aufgebauten Netzen gibt es Trichternetze, Rad- und Baldachinnetze sowie verschiedene Sonderformen, wie z. B. die Wurfnetze der Deinopidae (Kescherspinnen, wie die Großaugenspinne).
Idealerweise bleibt die Beute im Fangnetz kleben. Dazu werden die Spinnenfäden entweder durch „aufbürsten“ mit den Hinterbeinen elektrostatisch aufgeladen oder mit einem klebrigen Sekret versehen. Im Gegensatz zu den aufgebürsteten Netzen, sind letztere im UV-Bereich nicht erkennbar, können also von vielen Insekten nicht gesehen werden.
Die Spinnenseide der Netze besteht aus sehr feinen Protein-Fäden (Strukturproteine, s. „Proteine – Motor des Lebens“), die in den Spinndrüsen produziert und über Spinnwarzen oder Spinnspulen ausgeschieden wird.
Die Spinnenseide muss für den Beutefang hohen mechanischen Anforderungen genügen. Um die Wucht des Aufpralls im Netz abfangen zu können, muss sie z. B. dehnbar und reißfest sein und darf diese Eigenschaften bei Nässe nicht verlieren. Die Spinnenseide ist daher eine der stabilsten natürlichen Fasern. Obwohl die Spinnfäden dünner als ein menschliches Haar sind, besitzen sie eine sehr hohe Dehnbarkeit und mechanische Belastbarkeit: Der Spinnenfaden kann sich um das etwa 3-fach dehnen. Ein Kreuzspinnenfaden reißt bei etwa 0,5 g Belastung, ein Stahlfaden ähnlicher Dicke bereits bei 0,25 g. Obwohl die Spinnenseide wasserfest ist, besitzt sie ein ähnlich großes Wasseraufnahmevermögen wie Wolle.
Neben dem Netzbau werden Spinnfäden in weiteren Funktionen eingesetzt. So dienen sie z. B. als Sicherungsleine, die einen Absturz aus bewegten Pflanzen verhindert oder bei Gefahr zum schnellen Abseilen dient. Die Spinnfäden können auch zum Bau eines Kokons für die Eier, zur Auskleidung der Wohnhöhle oder zum Fesseln und Konservieren der Beute verwendet werden. Flugfäden ermöglichen einen Transport durch die Luft. Spinnen-Männchen legen einen Spermatropfen in einem kleinen, selbstgebauten Spermanetz ab, welches durch spezielle Strukturen an den Tastern aufgesaugt wird. Im Laufe der Balz wird dieses Spermapaket in die Geschlechtsöffnung des Weibchens eingeführt. Da die Paarung für Spinnen-Männchen gefährlich werden kann, geben diese bei einigen radnetz-bauenden Spinnen spezielle Zupfsignale am Netzrand, wodurch sie das Balzverhalten einleiten – und die Beutelust der Weibchen besänftigen.
Die einzelnen Spinnfäden unterscheiden sich in Dicke und chemischem Aufbau je nach Spinnenart und Funktion. Die Gartenradnetzspinne kann z. B. 7 verschiedene Fäden produzieren. Von paarungsbereiten Weibchen werden die Fäden mit Pheromonen versetzt, die die Männchen anlocken.
Durch die sehr guten Eigenschaften von Spinnenseide ist diese in den Blickpunkt der (Bio-) Technologie gerückt. Neben den technischen Eigenschaften besitzt Spinnenseide auch hervorragende Eigenschaften für den medizinischen Einsatz: Beim Menschen ruft sie keine allergischen oder entzündlichen Reaktionen hervor. Dadurch kann sie z. B. für Wundnähte verwendet werden. Aufgrund der sehr geringen Dicke eignet sie sich speziell für Nähte im Auge.
Dichte in g/cm³ | Zugfestigkeit in MPa | E-Modul in GPa | Dehnung in % | Zähigkeit in MJ/m³ | |
Spinnenseiden-Faden | 1,3 | 700 | 6 | 30 | 150 |
Kevlar49TM | 1,4 | 3.600 | 130 | 2,7 | 25 |
Carbonfaser | 1,8 | 4.000 | 300 | 1,3 | 25 |
Hochzugfester Stahl | 7,8 | 1.500 | 200 | 0,8 | 6 |
Das US Army Natick Reseach Centre experimentierte mit der Gewinnung von Spinnenseide aus Spinnen (Niphila clavipes). Sie erreichte eine Ausbeute von rd. 350 m/Tag und Spinne. Obwohl diese Menge für eine einzelne Spinne beachtlich ist, genügt sie nicht für eine technische Produktion.
Inzwischen kann rekombinierte Spinnenseide durch genetisch veränderte Bakterien erzeugt werden, allerdings ebenfalls noch nicht in kostengünstigem großtechnischem Maßstab.
Home // Seitenanfang // Alle Beiträge Naturwissenschaft
by naseweisbz.net