Ameisen: Gemeinsam sind wir stark

Ameisen sind erfolgreiche Insekten, die in gut organisierten arbeitsteiligen Staaten leben. Zur Fortpflanzung sind lediglich die Königinnen fähig. Die Kommunikation erfolgt vorwiegend über Duftstoffe.

Zum leichteren Verständnis vereinfacht

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die Informationen auf europäische Waldameisen.

Teil 1 der 3-teiligen Artikelreihe
Teil 2: Ameisen: Bauern und Förster
Teil 3: Ameisen: Gefährdete Helfer

Ameisen: Übersicht

Ameisen sind sehr erfolgreiche Insekten, die seit mehr als 50 Millionen Jahren auf der Erde leben und mit rund 15.000 Arten vertreten sind. Sie siedeln nahezu auf allen Kontinenten und in allen Klimazonen. In Deutschland gibt es ca. 110 Ameisenarten, vorwiegend Knoten- und Schuppenameisen (Myrmicinae und Formicinae). Zu letzteren zählen die Waldameisen, die mit 13 Gattungen vertreten sind.

Beschriftetes Bild Ameisen besitzen einen 3-gliedrigen Körper mit 6 Beinen. Verschiedene Ameisenarten können u. a. durch feine Unterschiede im Körperbau bestimmt werden.
Ameisen besitzen einen 3-gliedrigen Körper mit 6 Beinen. Verschiedene Ameisenarten können u. a. durch feine Unterschiede im Körperbau bestimmt werden. (Bildquelle: pixabay)

Ein wesentlicher Grund ihres Erfolges ist die Organisation in Sozialstaaten. Typische Merkmale einer echten Sozialität (Eusozialität) sind u. a.: Brutpflege durch mehrere Individuen, reproduktive Arbeitsteilung (nur einige Tiere sind fruchtbar) sowie mehrere Generationen in einem Staat. Als Einzeltiere sind sie nicht überlebensfähig. Wie andere soziale Tiere leiden sie unter einer Isolation: Das Immunsystem wird herunterreguliert und sie sind anfälliger für Krankheiten. Zudem wird die Selbstpflege vernachlässigt.

Ameisen leben unter anderem in Holz, Streu, unter Steinen oder in Bäumen. Die kleinste einheimische Ameisenart (Temnothorax nylanderi, Körperlänge 2 – 3 mm) kann ihr komplettes Nest in einer Eichel bauen. Die Roten Waldameisen bauen dagegen die charakteristischen Ameisenhaufen, die von Millionen von Ameisen bewohnt sein können. Teilweise übersteigt das Gewicht aller in einem Gebiet angesiedelten Ameisen das Gewicht der dort angesiedelten großen Säugetiere.

Ameisen sind Nahrungs-Opportunisten: Sie sind nicht auf bestimmte Proteinquellen beschränkt, sondern nehmen die Proteinquelle, die am ergiebigsten und einfachsten auszubeuten ist. Entsprechend vielseitig ist ihr Speiseplan: Insekten, Honigtau (s. Teil 2), Blütennektar, Aas, Pflanzenteile und vieles mehr.

Weltweit fressen Ameisen mehr Fleisch, als alle anderen fleischfressenden Tiere zusammen. Ein großes Volk kann bis zu 100.000 Insekten pro Tag verzehren, das entspricht pro Jahr ca. 30 kg. Die proteinreichere Nahrung wird vor allem an die Königin und die Larven verfüttert. Die Arbeiterinnen ernähren sich dagegen vorwiegend von Honigtau.

Ameisen besitzen einen Sozialmagen (Kropf). Aus diesem geben sie Nahrung an ausgewachsene Artgenossen, die Brut und die Königin weiter. Eine Kropffüllung reicht für bis zu 80 Fütterungen. Erst wenn der Kropf fast leer ist, wird der Rest in den eigenen Magen weitergeleitet.

Die größte Drüse der Ameisen ist die Giftdrüse, deren Gifte zur Abwehr oder beim Beutefang eingesetzt werden. Die Giftdrüse der Schuppenameisen (Formicinae) enthält Ameisensäure, die bis zu einem Meter weit verspritzt werden kann.

Die Fühler der Ameisen sind empfindliche Sinnesorgane, die Duftstoffe wahrnehmen, als Tastorgane dienen und Temperatur und Luftströmung registrieren.

Zur Orientierung dienen den Ameisen zwei Facettenaugen und 3 Stirnaugen. Mit den Facettenaugen können sie Formen und Farben erkennen, mit den Stirnaugen Helligkeitsunterschiede. Die Augen ermöglichen den Ameisen eine Orientierung am Sonnenstand und an Wegmarken. Da Waldameisen stets dieselben Wege bevorzugen, entstehen regelrechte „Ameisenstraßen“.

Ameisenkopf im Detail mit Stirn- und Facettenaugen, Fühler und Mandibeln
Ameisenkopf im Detail (Bildquelle: pixabay)

Für die Überwinterung und die Aufzucht der ersten Brut werden Körpervorräte / Körperfett angefressen, aber keine Vorräte im Nest gelagert. Die kalte Jahreszeit wird in Kältestarre verbracht.

Ameisenstaat

Geschlechtstiere und Arbeiterinnen

Der Staat ist arbeitsteilig organisiert und rein feminin: Die Königin sorgt für den Nachwuchs. Arbeiterinnen schaffen Lebensmittel herbei, betreiben Brutpflege, reinigen und verteidigen die Kolonie, bauen am Nest und vieles mehr.

Ein Staat kann eine oder mehrere (bis über 1.000) Königinnen besitzen. Die Königinnen sind meist größer als die Arbeiterinnen. Sie verlassen den Staat nach der Begattung nicht mehr und werden von den Arbeiterinnen versorgt. Sie können bis zu 25 Jahre alt werden.

Ab Frühjahr legen die Königinnen täglich 30 – 300 Eier, je nachdem wie viele Königinnen existieren. Die Eier können befruchtet oder unbefruchtet sein. Die Befruchtung kann die Königin in Abhängigkeit von den Umgebungsbedingungen, wie Nesttemperatur, aktiv steuern.

Aus unbefruchteten Eiern entwickeln sich Männchen (Drohnen), deren Aufgabe ausschließlich in der Begattung der Jungköniginnen liegt. Ihre Larven werden, wie die der Königinnenlarven, mit Ameisenmilch gefüttert.

Aus den befruchteten Eiern entstehen Weibchen, die sich zu Königinnen oder in der Regel zu Arbeiterinnen entwickeln. Im Sommer werden ausschließlich befruchtetet Eier erzeugt, aus denen sich Arbeiterinnen entwickeln (Sommereier).

Die Entwicklung vollzieht sich über Ei, verschiedene Larvenstadien und Puppenstadien und dauert rund 5 Wochen. Während sich die Eier tief unten im Ameisennest befinden, werden die Puppen immer weiter nach oben getragen. Die Ausreifung erfolgt schließlich in der Nestkuppel, wo es bei Sonnenschein am wärmsten ist.

Ameisenpuppen und Puppenhüllen auf einem Nest
Ameisenpuppen und Puppenhüllen auf einem Nest

Aus den ersten Eiern (den Wintereiern) entstehen Männchen und Königinnen (die Geschlechtstiere). Damit sich aus einer Larve eine Königin entwickelt (und nicht eine Arbeiterin), werden diese mit Ameisenmilch gefüttert. Die Geschlechtstiere besitzen Flügel und können im Frühjahr zum Hochzeitsflug das Nest verlassen. Teilweise wird eine Königin bereits im Nest begattet. Nach der Begattung sterben die Männchen, während die Königinnen einen neuen Staat gründen oder in ein bestehendes Nest einkehrt und ihre Flügel abwirft. Der Samenvorrat der Begattung reicht für das gesamte Leben und wird in einem speziellen Organ gelagert.

Grafik: Aus den Eiern einer Königin können sich Drohnen, Königinnen oder Arbeiterinnen entwickeln.
Aus den Eiern einer Königin können sich Drohnen, Königinnen oder Arbeiterinnen entwickeln.

Die Arbeiterinnen können ca. 6 Jahre alt werden. Sie sind nicht fortpflanzungsfähig. Sie entwickeln sich aus befruchteten Eiern, die keine Ameisenmilch erhalten. Zudem hemmen die Pheromone der Königin die Entwicklung weiterer Königinnen. Eine Arbeiterin kann bis zum 50-fachen ihres Eigengewichtes tragen. Ihre Aufgaben variieren je nach Alter. Zu Anfang übernehmen sie Aufgaben im Nest, z. B. Nestverteidigung, Fütterung und Umlagerung der Brut; in höherem Alter gehen sie in den „Außendienst“.

Ameisen betreiben Brutpflege. So werden Puppen an warme Orte verlagert und leere Puppenhüllen entsorgt.
Ameisen betreiben Brutpflege. So werden Puppen an warme Orte verlagert und leere Puppenhüllen entsorgt.

Staatsgründung

Die Staatsgründung erfolgt mit verschiedenen Taktiken:

Neugründung: eine Ameisenkönigin gräbt an geeigneter Stelle eine Gründungskammer, in der sie Eier ablegt. Bei manchen Arten wird die Gründungskammer nicht mehr verlassen, so dass die Ameisenkönigin von ihren Körperreserven leben muss, mit denen sie auch die ersten Larven ernährt. Die Königinnen müssen so bis zu 1 ¼ Jahre ohne zusätzliche Nahrung überstehen (z. B. bei Camponotus-Arten).

Sozialparasitismus: Bei monogynen Arten (Arten, die nur eine Königin im Nest haben) schleichen sich die Königinnen in Nester von „Hilfsameisen“ ein – Ameisen einer anderen Art (Waldameisen überfallen die Unterart Serviformica). Wenn es der Königin gelingt, die Königin der Hilfsameisen zu töten, können sie an deren Stelle treten. Sie und ihre Brut werden genauso versorgt, wie die bisherige Königin und ihre Brut. Die entstehenden Arbeiterinnen leben und arbeiten neben den Arbeiterinnen der übernommenen Art. Der Staat der Hilfsameisen wird so zunehmen durch die neue Ameisenart ersetzt. Sind ausreichend Ameisen vorhanden, werden die restlichen Wirtsameisen getötet und an die Larven verfüttert.

Manche Ameisenarten bleiben aber auch das ganze Leben auf die Hilfsameisen angewiesen (permanenter Sozialparasitismus), wie z. B. die europäischen Gattungen Harpagoxenus sublaevis und Polyergus rufescen (Braune Raub-Knotenameise und Schuppenameise: Amazonenameise).

Am einfachsten haben es Ameisenköniginnen polygyner Arten (Arten, mit mehreren Königinnen), die im bestehenden Nest verbleiben oder in Kolonien umgesiedelt werden (Zweignestbildung). Diese Kolonien sind meist nur wenige Meter von der Ursprungskolonie entfernt. Die Ameisen der Kolonien bekämpfen sich gegenseitig nicht.

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Das Ameisennest

Das Ameisennest der Waldameisen erstreckt sich neben dem oberirdisch sichtbaren Teil ungefähr genauso tief und weit ins Erdreich. Im Erdreich befinden sich die wichtigen Bereiche, wie Eierkammern und die Kammer der Königin / Königinnen.

Waldameisennest - Ameisenhaufen
Waldameisennest (Quelle: pixabay)

Bei den Waldameisen bildet der oberirdische Teil aus Nadeln einen Schutz und dient zur Klimaregulierung. Harz stabilisiert die Oberfläche und wirkt zudem desinfizierend. Um das Eindringen von Wasser zu verhindern, werden Beschädigungen schnell repariert. Um einen Pilzbefall zu verhindern, finden aber auch im Normalfall ständig Umstrukturierungen an der Oberfläche statt.

Die Temperatur im Nest kann über verschiedene Mechanismen aktiv reguliert werden:

  • Im Frühling, wenn das Nest noch kalt ist, lassen sich Ameisen außerhalb des Nestes von der Sonne erwärmen und tragen die Wärme ins Nest. Zusätzlich wird durch höhere Stoffwechselaktivität mehr Wärme erzeugt. Vermutlich findet zusätzlich eine Erwärmung durch Aktivitäten von Mikroorganismen statt.
  • Große Nester können viel Sonnenenergie aufnehmen und erwärmen sich schnell. Daher findet man große Nester vorwiegend in kühlen Wäldern. Nester in lichten, sonnigen Wäldern sind hingegen kleiner.
  • Das ganze Nest ist von Ventilationsschächten durchzogen, die an der Oberfläche münden. Durch Veränderung der Öffnungsweite kann die Temperatur im Nest auch im Sommer relativ konstant zwischen 25 – 30 °C gehalten werden. Bei Regen, Kälte und im Winter werden die Zugangsöffnungen verschlossen.

Einige Schmalbrustameisen bauen ihre Nester nicht am Boden, sondern in Bäumen. Die Kleine Schmalbrustameise ist hingegen flexibel: Ist es für ein Nest am Boden zu kühl (Bodentemperatur < 20 °C), baut sie kleine Nester mit lediglich 50 – 300 Arbeiterinnen in den Bäumen.

Die Sprache der Ameisen

Ameisen kommunizieren über ihre Fühler und über ca. 20 verschiedene Duftstoffe (Pheromone).

Pheromone steuern das Verhalten von Artgenossen oder deren körperlichen Ausprägungen.
Hormone steuern die Kommunikation innerhalb eines Organismus.

Die Pheromone werden in speziellen Duftdrüsen produziert, die je nach Bedarf verschiedene Düfte oder Duftgemische ausscheiden.

Duftstoffe haben ähnliche Vorteile wie akustische Signale:

  • die ausgesandte Botschaft erreicht mehrere Individuen,
  • ein Sichtkontakt ist nicht erforderlich,
  • Gerüche sind auch im Dunklen wahrnehmbar.

Mithilfe der Pheromone koordiniert die Königin ihren Staat (z. B. sind ihre Pheromone daran beteiligt, ob sich Arbeiterinnen oder Königinnen entwickeln). Der gleichzeitige Hochzeitsflug der verschiedenen Ameisenvölker wird vermutlich ebenfalls über Pheromone koordiniert.

Jeder Ameisenstaat hat einen eigenen Geruch (Nestgeruch). Eindringlinge müssen sich einer Geruchskontrolle unterziehen und werden bei falschem Geruch bekämpft.

Findet eine Ameise eine lohnenswerte Beute, ruft sie per Duftstoff Artgenossinnen als Transport-Helferinnen herbei. Zu anderen wichtigen Punkten, z. B. zu einer Blattlaus-Herde oder einem größeren Beutetier, wird der Weg mit einer Duftspur markiert. Die Stärke der Duftspur entspricht dabei der Größe und Relevanz der Beute. Der Duftspur folgend finden ihre Nestkolleginnen (aber auch andere Ameisenarten) den Weg zur Beute.

Begegnen sich zwei Ameisen, betasten sie sich mit ihren Fühlern und tauschen Informationen aus. Aus dem Sozialmagen wird Nahrung ausgetauscht. Auch in diesem Nahrungsbrei sind Pheromone enthalten, die zahlreiche Informationen übermitteln.

Zwei Ameisen begrüßen sich, indem sie sich mit den Fühlern betasten.
Zwei Ameisen begrüßen sich, indem sie sich mit den Fühlern betasten. (Quelle: pixabay)

Weitere Kommunikationsmöglichkeiten sind Klopfsignale (bei Rossameisen) oder – bei einigen Arten – Zirpen.

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Quelle (Auszug)

Ameisen reagieren auf soziale Isolation, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, 2021

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by naseweisbz.net

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