Spontane Schilddrüsenunterfunktion bei Katzen und Hunden

Die Schilddrüsenhormone aktivieren den Stoffwechsel. Neben Gemeinsamkeiten bei verschiedenen Tierarten gibt es auch Unterschiede. Die Ursachen sind nur teilweise bekannt. Im Vergleich von Schilddrüsenunterfunktion bei Hunden und Katzen wird dies verdeutlicht.

Zum besseren Verständnis vereinfacht

Schilddrüse: Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Die Schilddrüse ist ein wichtiges Organ im Körper. Sie produziert die Schilddrüsenhormone T4 und T3 und gibt diese ins Blut ab. Im Blut sind die Hormone zum großen Teil an Transport-Proteine gebunden, wodurch die Verweildauer im Blut erhöht wird. Nur ein geringer Teil der Hormone liegt ungebunden – frei – vor (fT4 und fT3). Die Produktion der Hormone wird sowohl von der Hormonkonzentration im Blut als auch von anderen Hormonen geregelt. Das wichtigste Regelhormon ist TSH (Thyreotropin).

Die Aufgabe der Schilddrüsenhormone ist vor allem die Stoffwechselaktivierung. Ein Mangel an Schilddrüsenhormonen macht sich in zahlreichen Stoffwechselprozessen bemerkbar.

(zu Regelkreis, Hormonen und Aufgaben der Schilddrüse s. Schilddrüsenunterfunktion (SDU) beim Hund)

Bei allen Wirbeltieren (also allen Tieren mit einer echten Schilddrüse) sind diese grundlegenden Stoffwechselgeschehnisse rund um die Schilddrüse gleich. Dennoch gibt es zahlreiche Unterschiede zwischen den einzelnen Tierarten. Diese Unterschiede können zum Beispiel aus verschiedenen Konzentrationen oder Arten von Transport-Proteinen resultieren. So ist TBG (Thyroxinbindendes Globulin) ein Transportprotein, welches tendenziell bei Fleischfressern in niedrigerer Konzentration vorkommt als bei Pflanzenfressern (allerdings gibt es hiervon Ausnahmen). Fleischfresser nehmen mit der Beute sowohl Jod als auch Schilddrüsenhormone auf. Im Gegensatz zu Pflanzenfressern sind starke Hormon- und Jodspitzen möglich. Sie müssen daher Überschüsse ausscheiden. Durch den geringen Anteil von TBG wird weniger T4 im Blut vorgehalten und mehr ausgeschieden. Auch unterschiedliche Mengen an Enzymen, die im Schilddrüsenkreislauf eingebunden sind, führen zu Unterschieden zwischen Tierarten. Oftmals ist die Ursache jedoch nicht bekannt.

Die Unterschiede verdeutlichen, dass ein Vergleich physiologischer Vorgänge zwischen Tierarten oder die Übertragung von Untersuchungsergebnissen auf eine andere Tierart nicht immer ohne weiteres möglich ist. Teilweise können nur einzelne Aspekte übertragen werden. Es ist also immer wichtig, genau zu wissen, wie die einzelnen physiologischen Prozesse sowohl in der untersuchten Tierart als auch in der Tierart, auf die die Ergebnisse übertragen werden sollen, sind.

Schilddrüsenerkrankungen bei Katzen und Hunden

Zwischen Hunden und Katzen gibt es im Hinblick auf die Schilddrüse deutliche Unterschiede. Der auffälligste ist, dass bei Katzen eine Schilddrüsenüberfunktion sehr viel häufiger ist, als eine Schilddrüsenunterfunktion. Bei Hunden ist es genau umgekehrt.

Eine Schilddrüsenüberfunktion ist bei Hunden meist auf einen Tumor im Bereich der Schilddrüse zurückzuführen. In letzter Zeit wurde auch von fütterungsbedingten Schilddrüsenüberfunktionen berichtet. In diesen Fällen wurden den betroffenen Hunden mit dem Futter meist über längere Zeit große Mengen an Schilddrüsenhormonen (oder Jod) zugeführt (s. Schilddrüsenüberfunktion durch Futtermittel: Thyreotoxikose). Bei Katzen sind dagegen häufig hormonell aktive Schilddrüsenvergrößerungen die Ursache für eine Überfunktion. Nur ein geringer Teil davon ist ein Karzinom. Wie bei Hunden können aber auch Jodschwankungen sowie anhaltende Jodüber- und -unterversorgungen Ursache einer Überfunktion sein (s. Dr. Jekyll & Mr. Hund).

Bei Katzen ist eine Schilddrüsenunterfunktion (SDU) hingegen selten. Bei Hunden ist sie die häufigste Schilddrüsenerkrankung.

Ursachen einer SDU

Die Ursachen einer SDU können sein:

  • iatrogen: behandlungsbedingt,
  • kongenital: von Geburt an aufgrund eines angeborenen Schadens,
  • spontane SDU aufgrund einer (automimmunen) Thyreoiditis (Schilddrüsenentzündung), einer Schilddrüsenatrophie (Rückbildung der Schilddrüse), einer Dyshomonogenese (Hormonbildungsdefizit), Verletzungen der Schilddrüse, Tumore, Jodungleichgewichten oder aus unbekanntem Grund.
Zusammenstellung der im Text erläuterten Ursachen einer SDU. Die für Katzen besonders relevante spontane SDU und Dyshormonogenese sind fett hervorgehoben. Aus der Zusammenstellung geht u.a hervor, dass eine aotuimmune Thyreoiditis sich durch das Vorliegen von Autoantikörpern auszeichnet. Bei einer Tyhreoiditis finden sich dagegen keine Autoantikörper
Zusammenstellung der Ursachen einer SDU

Bei Hunden ist eine iatrogene SDU relativ zu den übrigen Ursachen selten und kann z. B. infolge einer Sulfonamid-Behandlung auftreten. Ebenso ist eine kongenitale SDU selten. Sie führt häufig dazu, dass die Welpen schon frühzeitig auffällig werden und aufgrund geistiger und körperlicher Schwächen sterben. Eine frühzeitige Diagnose und rechtzeitige Substitution ist in einigen Fällen erfolgreich. In seltenen Fällen tritt eine SDU in Folge eines Tumors auf.

Die häufigste Ursache einer Schilddrüsenunterfunktion beim Hund ist die (autoimmune) Thyreoiditis. Man geht davon aus, dass meist sowohl eine Thyreoiditis als auch eine Atrophie fortgeschrittene Stadien der autoimmunen Thyreoiditis sind. Während die (autoimmune) Thyreoiditis bei jungen bis mittelalten Hunden auftritt, ist die Atrophie eher bei alten Hunden zu finden. Bei einige Rassen wurde eine genetische Disposition festgestellt.

Eine iatrogene Schilddrüsenunterfunktion ist dagegen bei Katzen sehr häufig, da im Zuge der Behandlung einer Schilddrüsenüberfunktion

  • die Schilddrüse teilweise oder vollständig entfernt wird,
  • schilddrüsenhemmende Medikamente verabreicht werden oder
  • eine Behandlung mit radioaktivem Jod erfolgt, die zum Absterben von Schilddrüsenzellen führt.

Ebenso wie bei Hunden kann zudem die Behandlung einer von der Schilddrüse unabhängigen Erkrankungen mit schilddrüsenhemmenden Medikamenten eine Schilddrüsenunterfunktion bewirken.

Die kongenitale SDU ist bei Katzen deutlich häufiger als bei Hunden. Eine spontane Schilddrüsenunterfunktion ist bei Katzen dagegen so selten, dass es vorwiegend nur Einzelfallberichte gibt. Wie beim Hund auch werden einige Fälle von Verletzungen, Tumoren und Jodungleichgewichten berichtet, die zu einer SDU führen.

Kongenitale SDU

Bei Katzen ist die kongenitale SDU, anders als beim Hund, häufiger als die spontane SDU. Während bei Hunden die Welpen mit einer kongenitalen SDU meist früh sterben, können Katzenwelpen im günstigsten Fall sogar ohne Substitution überleben. Je nach Schwere der Defizite kann jedoch eine frühzeitige Hormonsubstitution erforderlich sein.

Häufige Ursachen einer angeborenen SDU sind:

  • Dyshormonogenese (Hormonbildungsdefizit): Hormone werden nicht in ausreichender Menge gebildet, etwa weil Enzyme die Verbindung von Jod mit Tyrosin nicht ausreichend unterstützen.
  • Im Gegensatz dazu bezeichnet Dysmorphogenese (Schilddrüsen-Missbildung) die Fehlbildung der Schilddrüse. Hier zeigen sich die Anzeichen der SDU ca. 1- 2 Monate nach der Geburt.
  • Bei einer TSH-Resistenz reagiert die Schilddrüse nicht auf TSH, sodass die Schilddrüse nicht zur Bildung von Schilddrüsenhormonen angeregt wird.

Bei Hunden konnten rassespezifische Risiken ermittelt werden. Auch bei Katzen treten genetische Defizite auf.

So wird in einer Abstammungslinie von gehäufter Kropfbildung berichtet. In einer anderen Abstammungslinie ist ein TPO-Defizit bekannt. TPO (Thyreoperoxidase) ist ein Überbegriff für Enzyme, die die Bildung und Umwandlung der Hormone unterstützen. Ein genetischer TPO-Defekt tritt auch bei einigen Terrierrassen auf. Bereits in der ersten Lebenswoche zeigen die Hundewelpen lebensbedrohliche Entwicklungsstörungen. Die betroffenen Katzenwelpen überlebten mit Substitution.

Home // Seitenanfang // Alle Beiträge Schilddrüsenunterfunktion

Spontane SDU Katze

Bei Katzen ist eine spontane Schilddrüsenunterfunktion extrem selten und so existieren auch nur wenige wissenschaftlich dokumentierte Fälle.

Peterson fasste 2018 sieben Fälle in einer Studie zusammen und ergänzte diese Fallreihe 2019 um einen weiteren Fall. Synlab/Antech analysierte in Zusammenarbeit mit der Universität Gießen 2024 rückblickend Blutuntersuchungen und konnte so weitere vier Fälle von spontaner SDU ermitteln. Insgesamt beträgt die Anzahl der Fälle, die wissenschaftlich dokumentiert sind, weniger als 20. Synlab/Antech berichtet (inkl. der 4 Fälle) von 15 dokumentierten spontanen SDU-Erkrankungen. Es sind jedoch mindestens drei weitere Fälle auffindbar.

Bei der spontanen SDU ergibt sich bei Katzen eine deutlich andere Ursachenfolge als bei Hunden. Am häufigsten tritt Dyshormonogenese auf, gefolgt von der Schilddrüsenatrophie und Thyreoiditis. In einem Fallbericht wird eine Schilddrüsenunterfunktion aufgrund eines Schilddrüsentumors mit vollständiger Zerstörung des Schilddrüsengewebes beschrieben (de Andrade Brum).

Häufigkeiten der verschiedenen Schilddrüsenerkrankungen und deren Ursachen bei Hunden und Katzen in einem groben Vergleich (selten, mittel, häufig) als grafische Darstellung zu den im Text erläuterten Häufigkeiten.
Die Häufigkeiten der verschiedenen Schilddrüsenerkrankungen und deren Ursachen sind bei Katzen und Hunden unterschiedlich. Die Häufigkeiten sind lediglich grob dargestellt.

Im Falle einer Thyreoiditis wurde in keinem der dokumentierten Fälle Antikörper gegen Schilddrüsengewebe oder Schilddrüsenhormone analysiert. Eine Differenzierung zu einer autoimmunen SDU ist daher nicht möglich. Eine genetische Disposition konnte auf Basis der geringen Anzahl dokumentierter Fälle nicht festgestellt werden.

Die betroffenen Katzen waren mittelalt bis alt (> 5 Jahre). Es scheint so zu sein, dass bei älteren Katzen (> 10 Jahre) eher eine Atrophie zu finden ist, wohingegen bei Katzen zwischen 5 und 8 Jahren eher Dyshormonogenese auftritt. Allerdings ist aufgrund der geringen und zum Teil unvollständigen Datenlage eine valide Aussage nicht möglich.

Bei den betroffenen Katzen fallen zwei Punkte besonders ins Auge:

  • bei allen Katzen handelt es sich um kastrierte Katzen (100 %),
  • der Anteil männlicher Katzen ist überproportional hoch (72 %).

Zwar nimmt man an, dass auch bei Hunden die Kastration einen Einfluss auf Schilddrüsenerkrankungen hat, dies zeigt sich jedoch nicht so deutlich. Möglicherweise ist aber bei Katzen der Anteil kastrierter Tiere sehr viel höher als bei Hunden und der hohe Anteil der kastrierten erkrankten Tiere steht in keinem kausalen Zusammenhang mit der SDU.

Bei Hunden ist eine geschlechtsspezifische Häufung der SDU umstritten. Es gibt Hypothesen, dass unkastrierte Hündinnen aufgrund der steten Hormonschwankungen ein höheres Risiko haben oder kastrierte Rüden aufgrund des Wegfalls von Testosteron. Eine eindeutige Geschlechtsdisposition wie in den vorliegenden Untersuchungen bei Katzen gibt es bei Hunden nicht. Studien liefern sehr unterschiedliche Ergebnisse.

Mindestens drei der 18 Katzen wurden innerhalb eines Jahres nach der Diagnose eingeschläfert. Eine Katze hatte einen Schilddrüsentumor, der ursächlich für die SDU war und in die Lunge gestreut hatte (de Andrade Brum), bei einer Weiteren bildeten sich Tumore im Lungenbereich (Kent). Die dritte Katze wurde eingeschläfert, da erneut starke Hautprobleme auftraten (Blois). Inwiefern bei den letzten beiden Fällen ein kausaler Zusammenhang mit der SDU vorlag, ist unklar.

Kreisdiagramm: Die Ursachen einer Schilddrüsenunterfunktion unterscheiden sich zwischen Hunden und Katzen. Die häufigste Ursache bei Katzen sind Dyshormonogenesen (53 %), Atrophien (29 %), Thyreoiditis (12 %), Krebs 5,5 %).
Die Ursachen einer Schilddrüsenunterfunktion unterscheiden sich zwischen Hunden und Katzen. Die häufigste Ursache bei Katzen sind Dyshormonogenesen.
Dyshormonogenese

Die Ursachen der Dyshormonogenese sind unbekannt. Auffällig ist, dass diese in Zusammenhang mit einem meist gut tastbaren Kropf auftritt. In der Untersuchung von Peterson hatten 6 der 7 Katzen in der Studie eine Dyshormonogenese. Allerdings werden auch rund 1/3 der Katzen aufgrund tastbarer Umfangsvergrößerungen im Halsbereich in die Klinik überwiesen, sodass bereits eine Verzerrung in der Vorauswahl existieren könnte.

Peterson hat in Bezug auf die Dyshormonogenese folgende Hypothese:

Bei Katzen können angeborene Defekte im Schilddrüsenstoffwechsel auftreten (kongenitale Schilddrüsenunterfunktion), die jedoch nur relativ geringe Auswirkungen haben. Bei diesen Defekten kann es sich z. B. um Störungen im TPO-Stoffwechsel handeln (s. o.). Die Katzen können diese Defekte gegebenenfalls über Monate oder Jahre ausgleichen. Dennoch wird aufgrund der zu niedrigen Schilddrüsenhormone über TSH permanent eine Erhöhung der Schilddrüsenhormonproduktion angefordert. Dies führt wiederum zu einer Umfangsvermehrung der Schilddrüse, die jedoch aufgrund mangelnder Enzyme nicht zur Steigerung der Hormonbildung führt.

Dieser Zusammenhang, insbesondere der lange Zeit bestehende Hormonmangel, ist bisher nicht belegt, jedoch aufgrund des Kropfs möglich. So traten in den untersuchten Fällen Symptome erst ab ca. 10 Monaten vor der Diagnose auf (s. jedoch auch unten: Symptome SDU).

Bei Hunden ist kein Fall einer erst im höheren Alter festgestellten kongenitalen SDU bekannt. Allerdings berichtet Dramard von Kragenbildung bei Hunden mit SDU, was auf ein ähnliche Ursache hindeuten könnte.

Einen Kropf findet man bei Hunden sehr selten. Beim All-Meat-Syndrom (nur mit Fleisch ernährte Hunde mit starkem Jodmangel, früher häufig Metzgerhunde) und in Zusammenhang mit Sulfonamid-Gaben (iatrogen SDU) ist Kropfbildung dokumentiert. Auch bei Katzen und Menschen tritt ein Kropf in bestimmten Fällen bei Jodmangel auf (Jodmangelkropf). In ihrer Untersuchung schließt Peterson Jodmangel als Ursache für die Kropfbildung aus, da alle Katzen mit kommerziellem Futter ernährt wurden. Ob der Jodgehalt des Futters überprüft wurde, ist der Studie nicht zu entnehmen. Allgemein wurde Jodmangel auch in kommerziellem Katzenfutter festgestellt (s. Dr. Jekyll & Mr. Hund ).

Bei Menschen sind TPO-Antikörper ein Diagnosebestandteil hinsichtlich SDU. Bei Hunden hat sich dieser Parameter aufgrund mangelnder Aussagekraft nicht etablieren können. Bei Katzen gibt es keine Untersuchungen dazu. Denkbare wäre es, dass TPO-AK bei Katzen mit Dyshormonogenese zumindest teilweise eine Diagnose absichern könnten.

Home // Seitenanfang // Alle Beiträge Schilddrüsenunterfunktion

Symptome SDU

Hinsichtlich der Symptome gibt es einen auffallenden Unterschied zwischen Katzen und Hunden: Die Symptome sind bei Katzen deutlich weniger ausgeprägt als bei Hunden. Reduzierte Bewegung und Gewichtszunahme werden so leicht dem höheren Alter zugeschrieben.

Betroffene Katzen habe zwar struppiges Fell, Ausdünnung des Fells (Hypotrichose) und andere Fellprobleme, jedoch keinen großflächigen Fellverlust (Alopezie). Auch ist der Gewichtszuwachs meist nicht so massiv wie bei Hunden.

So berichtet Peterson (2019) von einer Katze, deren Schilddrüse bei einer Szintigrafie nicht erkennbar war. Es wurden also keine radioaktiv-markierten Jodatome eingelagert (oder nur extrem wenig). Folglich wurden auch nahezu keine Schilddrüsenhormone produziert. Die T4-Werte waren messtechnisch nicht erfassbar. Die Katze hatte zwar schlechtes Fell, jedoch keinen Fellverlust. Sie hatte kein Übergewicht. In dem von de Andrade Brum et al. beschrieben Fall hatte die Katze aufgrund des Tumors kein Schilddrüsengewebe mehr. Sie zeigte keine Fellveränderungen.

Kent zitiert daher aus einer Studie von Lucke aus dem Jahr 1964: „Lymphocytic thyroiditis had been identified in older postmortem studies of cats but not in association with clinical disease.“ (Sinngemäße Übersetzung: „Bei früheren Autopsien bei Katzen wurde zwar Lymphozytäre Thyreoiditis festgestellt, jedoch keine klinischen Symptome.“)

Bei Hunden im fortgeschrittenen Stadium einer Schilddrüsenunterfunktion treten massive Fellveränderungen in Form von Alopezie auf (in der Regel kahler Schwanz und beidseitig kahle Flächen an den Hinterläufen und Flanken). Die Hunde sind deutlich übergewichtig und stark lethargisch. Bereits die Kombination dieser Symptome weist deutlich auf eine SDU hin.

Bei einigen Katzen wird von einer krächzenden Stimme und / oder röchelndem Atem berichtet. Dies tritt auch bei Hunden auf, jedoch nur sehr selten.

Der bei Hunden mit SDU häufig anzutreffende gestiegene Cholesterinwert (unterschiedliche Angaben je nach Quelle, > 60 %) ist bei Katzen mit SDU nur in weniger als 30 % der Fälle zu finden.

Bei rund der Hälfte der Katzen mit SDU tritt dagegen eine Azotämie auf (erhöhter Kreatininwert). Bei der iatrogenen SDU wird die Azotämie von De Laet als entscheidender Überwachungsparameter nach einer Behandlung mit Jod-131 aufgeführt. Bei der Untersuchung von Peterson war bei 4 der 7 Katzen das Serum Kreatinin deutlich erhöht, bei den restlichen war es im oberen Drittel des Referenzbereichs. Gemäß einer Untersuchung von Panciera verändert sich der Kreatininwert bei Hunden (zumindest bei einer experimentell erzeugten) SDU nicht. Di Paola fand bei rd. 30 % mit SDU erhöhte Kreatininwerte (s. SDU und Niere: SDMA und Kreatinin).

Bei Peterson waren bei den Katzen mit SDU auch häufig die SDMA-Werte mindestens im oberen Bereich. CK (Creatinkinase) war ebenfalls häufig erhöht. Beides tritt in Einzelfällen auch bei Hunden auf. Das spezifische Uringewicht war bei 27 % der untersuchten Katzen geringer.

Bei Katzen ist durch diese nierenspezifischen Veränderungen, der Seltenheit einer SDU und der schwachen Symptome einer SDU eine Verwechslung mit einer CNI möglich (Zusammenhang SDU und Niere s. Wechselwirkung zwischen Nieren und Schilddrüse beim Hund). Peterson empfiehlt daher, bei Verdacht auf CNI unbedingt auch die Schilddrüsenwerte analysieren zu lassen. Bei Hunden ist die Verwechslung unter anderem aufgrund der mit deutlicheren Symptomen auftretenden SDU geringer.

Tabelle mit folgendem Inhalt: Symptome Blut (jeweils Analysat, Anzahl und Prozentzahl) T4 niedrig 17 - 94,44% ,TSH hoch 18 - 100,00% ,Cholesterin erhöht 5 - 27,78%, Azotämie (Kreatinin erhöht) 9 - 50,00%, Anämie 7 - 38,89%, CK erhöht 3 - 16,67%, Uringewicht niedrig 5 - 27,78%. Symptome Körper (jeweils Symptom, Anzahl und Prozentzahl)Fellveränderungen 13 - 72,22%, Alopezie / Hypotrichose 10 - 55,56%, Schuppen 7 - 38,89%, Übergewicht (moderat) 13 - 72,22%, Lethargie 12 - 66,67%, Kropf 10 - 55,56%, vermehrter Durst und / oder Harndrang 5 - 27,78%, Diabetes mellitus 3 - 16,67%, Geringer Appetit 2 - 11,11%, Kälteintoleranz und / oder niedrige Körpertemperatur 5 - 27,78%, Röchelnder Atem und / oder Stimmveränderung 2 - 11,11%. Auf Basis von 18 beschriebenen Fällen von spontaner SDU bei Katzen ergeben sich Symptome, die sich z.T. mit denen von Hunden decken, z. T. unterschiedlich sind.
Auf Basis von 18 beschriebenen Fällen von spontaner SDU bei Katzen ergeben sich Symptome, die sich z.T. mit denen von Hunden decken, z. T. unterschiedlich sind. Rot markiert sind Anteile größer 50 %.

Polyendokrinopathien, also mehrere hormonelle Erkrankungen, können bei Hunden auftreten, sind jedoch relativ selten. Bei den 18 Fallbeispielen von Katzen mit SDU hatten 3 (rd. 17 %) Diabetes mellitus.

Bei andere Symptomen gibt es zwischen Hunden und Katzen mit SDU dagegen weniger deutliche Unterschiede: Lethargie, Kälteintoleranz etc. treten ähnlich häufig auf.

Diagnose

Bei Hunden treten zwar klinische Symptome deutlicher auf und deuten auf eine SDU hin. Dafür sind die Blut-Paramater T4 / fT4 und TSH oft wenig aussagefähig und müssen stets gegen eine NTI (s. u.) abgegrenzt werden. Der TSH-Wert ist nur dann ein relativ eindeutiges Diagnosekriterium, wenn er erhöht ist. Niedrige TSH-Werte schließen eine SDU nicht aus. Im frühen Stadium einer SDU sind keine spezifischen Symptome vorhanden. Relativ sichere Diagnosen bieten lediglich TSH-Stimulationstests, Ultraschalluntersuchungen der Schilddrüse oder eine Szintigrafie. All diese Verfahren sind jedoch für die meisten Haustierarztpraxen nicht geeignet.

Bei Katzen mit SDU sind die T4 bzw. fT4-Werte in der Regel deutlich unter dem Referenzbereich. Lediglich in einem Fall befand sich der T4-Wert noch im Referenzbereich. Bei allen untersuchten Katzen war der TSH-Wert jeweils eindeutig erhöht (oft mehr als das 7-fache des oberen Referenzbereichs).

NTI

Bei Hunden können durch nicht schilddrüsenbedingte Erkrankungen (NTI) die Schilddrüsenhormon-Werte reduziert sein. Dies wird darauf zurück geführt, dass der Körper durch Reduzierung der Hormone eine schonende Stoffwechsellage erzeugt. Da bei Hunden der TSH-Wert bei einer SDU im Referenzbereich sein kann, andererseits aber bei Erholung von einer schweren Erkrankung der T4 noch niedrig und der TSH zur Aktivierung des Stoffwechsel erhöht, kann die Abgrenzung zu einer NTI schwierig sein.

Auch bei Katzen können die T4-Werte durch eine NTI sinken. Ebenso kann der TSH während und nach einer Erkrankung erhöht sein. Eine sorgfältige Diagnostik ist also auch hier erforderlich. In Zweifelsfällen wird ein TSH-Stimulationstest empfohlen.

Behandlung der SDU

Bei Hunden beträgt die Dosis bei Substitution in der Regel um die 20 µg Thyroxin/kg Körpergewicht. Dosierungen bis zu 40 µg/kg sind tolerierbar, aber relativ selten. Darüber hinausgehende Dosierungen sollten intensiv überwacht werden.

Bei der Untersuchung von Peterson betrug die Dosierung im Schnitt 32,7 µg/kg, die Spanne reichte von 16,7 µg/kg bis 55,6 µg/kg. In anderen Untersuchungen werden für Katzen allerdings Dosierungsbereiche angegeben (10 – 20 µg/kg), die niedriger sind als bei Hunden.

Die richtige Dosierung wurde bei nahezu allen Untersuchungen vorwiegend auf Basis der TSH-Werte, ergänzt um die T4-Werte, ermittelt. Bei Hunden dienen lediglich die T4-Werte zur Bewertung der Substitution, wobei die T4-Werte auch knapp über dem Referenzbereich liegen können.

Die Hormongaben erfolgten in den Studien meist 1x täglich. Bei Hunden wird eine 2x tägliche Gabe bevorzugt.

Die T4-Werte stabilisierten sich unter Substitution bei den Katzen deutlich schneller als die TSH-Werte, die bis zu 5 Monaten benötigten, um in die Normalbereich zurück zu fallen.

Unter der Behandlung reduzierte sich (bei den Fällen von Peterson)  – sofern vorhanden – der Kropf, ging aber nicht vollständig zurück. Anderer Symptome, selbst eine milde Anämie, verschwand vollständig. Auch die Azotämie verschwand in der Regel. Zu analogen Ergebnissen kamen auch die anderen Studien.

Von Über- und Unterdiagnosen

Bild Katze und Hund schauen gemeinsam über eine Absperrung. Sowohl bei Katzen als auch bei Hunden muss bei der Diagnose genau hingeschaut werden.
Sowohl bei Katzen als auch bei Hunden muss bei der Diagnose genau hingeschaut werden. (Bildquelle: pixabay)

Die Häufigkeit der spontanen SDU bei Katzen gibt Peterson mit ca. 2 Fälle / Jahr in der Klinik an. Synlab/Antech ermittelten mit der Universität Gießen eine Prävalenz von 0,2 %. Insgesamt geht man davon aus, dass die SDU bei Katzen vermutlich stark unterdiagnostiziert wird und die bisher aufgezeigten Fälle lediglich die Spitze des Eisbergs darstellen. Die relativ eindeutigen Diagnoseparameter T4 und TSH werden nicht routinemäßig bei Katzen untersucht. Die im Vergleich mit Hunden geringen und unspezifischen Symptomen fallen nicht immer auf oder deuten diagnostisch in die falsche Richtung (s. oben: Verwechslung mit einer CNI möglich). Daher ist eine sorgfältige Diagnostik erforderlich. Bei Hund sind in Europa und den USA klassische Symptome einer fortgeschrittenen SDU inzwischen relativ selten zu finden, da häufig bereits frühzeitig substituiert wird. In frühen Stadien der SDU treten sehr unspezifische Symptome auf und die Diagnoseparameter T4 (fT4) und TSH sind oft nicht aussagefähig. Die Abgrenzung zu NTIs oder gar zu individuell normalen Hormonlagen ist daher schwierig. Die Diagnose der SDU ist somit bei Hunden in vielen Fällen nicht eindeutig, sondern lediglich eine Verdachtsdiagnose. Bei Hunden gehen viele Spezialisten davon aus, dass die SDU derzeit massiv überdiagnostiziert wird.

Home // Seitenanfang // Alle Beiträge Schilddrüsenunterfunktion


Literatur – Auswahl

Informationen zur SDU: Beiträge auf dieser Webseite

Zimmermann B: Dr. Jekyll & Mr. Hund. Ausgeglichene Schilddrüse – ausgeglichener Hund, 1. Auflage. Thieme Verlag: Stuttgart – New York; 2018

Dramard V. Troubles du comportement chez le chien Et si c´était la tyroide? Rueil-Malmaison: Wolters-Kluwer; 2010

De Laet N et al.: Iatrogenic hypothyroidism in a hyperthyroid cat treated with 131I. Vlaams Diergeneeskundig Tijdschrift, 89, 2020

Panciera DL, Lefebvre HP: Effect of Experimental Hypothyroidism on Glomerular Filtration Rate and Plasma Creatinine Concentration in Dogs. J Vet Intern Med:1045–1050; 23 2009

Di Paola A et al.: Symmetric dimethylarginine concentrations in dogs with hypothyroidism before and after treatement with levothyroxine. Journal of Small Animal Practice: 1–8, 2020

Fallstudien

Antech Lab Germany GmbH: Spontane primäre Hypothyreose bei der Katze – häufiger als bisher angenommen. Veröffentlicht auf der Webseite, August 2024
Lin J et al.: Abstract: Prospective evaluation of the prevalence and laboratory findings in adult cats with low thyroxin and increased thyrotropin concentration. Tierarztl Prax Ausg K Kleintiere Heimtiere: 55; 52(01) 2024
Lin J et al.: Abstract: Prospective evaluation of clinical, laboratory and scintigraphic features of naturally occurring hypothyroidism in 4 adult cats. Tierarztl Prax Ausg K Kleintiere Heimtiere: 133-134; 52(02); 2024

Blois SL et al.: CASE REPORT – Use of thyroid scintigraphy and pituitary immunohistochemistry in the diagnosis of spontaneous hypothyroidism in a mature cat. Journal of Feline Medicine and Surgery; 12 2010

de Andrade Brum I et al.: Primary hypothyroidism due to thyroid carcinoma in a feline. Ciência Rural, v.53, n.10, 2023

Galgano M et al.: Case Report – Primary Hypothyroidism and Thyroid Goiter in an Adult Cat. J Vet Intern Med.: 682–686; 28 2014

Kent A et al.: Naturally occurring acquired primary hypothyroidism in a cat due to lymphocytic thyroiditis. Vet Rec Case Rep 4 2016

Koral E, Ok M: Primary Hypothyroidism in An Adult Cat. Kocatepe Vet J.: 507-511; 15(4) 2022

Peterson ME et al.: Spontaneous primary hypothyroidism in 7 adult cats. J Vet Intern Med.: 1864–1873: 32 2018

Peterson ME et al.: Spontaneous primary hypothyroidism in 7 adult cats – Additional Adult Cat with Primary Hypothyroidism. J Vet Intern Med.: 1111; 33(2); Jan 18 2019

Rand JS et al.: Spontaneous Adult-Onset Hypothyroidism in a Cat. J Vet Intern Med.:272-276; 7 1993

naseweisbz.net

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..